Glück auf vier Rädern

Peter Weck, Heidelinde Weis, Altproduzent Franz Seitz. Schwerenöter im Ruhestand

Foto: Degeto
Foto Tilmann P. Gangloff

Die Familienkomödie „Glück auf vier Rädern“ von Dagmar Knöpfel ist die letzte Produktion von Franz Seitz, 2005, wenige Monate vor seinem Tod. Das Kino-Urgestein produzierte den Film und schrieb Peter Weck die Rolle eines rüstigen Rentners auf den Leib. Turbulent nach Altväter Sitte, aber doch mehr als das: da schimmert ein geradezu nostalgischer Flair aus einer großbürgerlichen Welt durch, der in seiner Unzeitgemäßheit etwas Sympathisches hat.

Franz Seitz gehörte zu den rührigsten deutschen Produzenten überhaupt. Er hat den deutschen Nachkriegsfilm geprägt wie kaum ein anderer. Kriegsfilm („Die grünen Teufel vom Monte Cassino“, 1958), Heimatfilm („An der Donau, wenn der Wein blüht“), Paukerfilm („Hurra, die Schule brennt“): Die Seitz Filmproduktion hat alle Genres bedient. Als Autor und Produzent war er allerdings auch maßgeblich an ambitionierten Romanadaptionen wie „Die Blechtrommel“ oder „Der Zauberberg“ beteiligt. Zuletzt ist er viele Jahre weder in der einen noch in der anderen Rolle in Erscheinung getreten, bis er im Sommer 2005 und damit ein halbes Jahr vor seinem Tod im Januar 2006 die nach eigenem Drehbuch entstandene Familienkomödie „Glück auf vier Rädern“ von Dagmar Knöpfel produzierte.

Der episodisch gestaltete Film erzählt auf im besten Sinne altmodische Art die Geschichte eines Professors für Psychologie (Peter Weck), der nach ausgefüllten Lehrjahren in den Ruhestand wechselt. Allzu viel Muße bleibt Friedrich Sibelius allerdings nicht: Ehefrau Anna (Heidelinde Weis) hat sein Leben bereits detailliert durchgeplant. Außerdem schickt sie ihn zurück in die Schule: Auf dem Programm stehen unter anderem Fahrstunden. Natürlich konnte Anna nicht ahnen, dass der holde Gatte vor allem auf die attraktive Fahrlehrerin (Claudia Messner) abfahren würde. Auch sonst hält das Leben diverse Turbulenzen bereit: Sibelius übernimmt in einem Doku-Drama der Freundin seines Sohnes (Pierre Besson) die Rolle des C.G. Jung, muss feststellen, dass er mehr Enkel hat als bislang gedacht und unterzieht seine Ehe einer empfindlichen Belastungsprobe.

Der Film ist voll und ganz auf Peter Weck zugeschnitten, der in der Rolle des rüstigen Rentners regelrecht aufblüht. Kein Wunder: Schwerenöter Sibelius darf derart viel Charme versprühen, dass die reife Damenwelt nur so dahinschmilzt. Gleichzeitig ist er ein Opa wie aus dem Bilderbuch, der stets Zeit für die Enkel hat. Ohnehin entwirft die Geschichte das Ideal eines großbürgerlichen Heims, wie es kaum noch existieren dürfte: Kein Fernsehgerät verunziert das geräumige Wohnzimmer; statt dessen trifft sich die Großfamilie zum gemeinsamen Kartenspiel oder zur Hausmusik. Die Kinder sind stets adrett und wohlfrisiert. Und sollte doch mal jemand über die Stränge schlagen, ist ein veritabler Weihbischof (Lambert Hamel) als Freund der Familie mit der Absolution zur Hand. Natürlich wäre es ein leichtes, „Glück auf Rädern“ als Fernsehen von gestern abzutun, zumal die vielen Innenaufnahmen nahe legen, dass Seitz kein üppiges Budget zur Verfügung stand. Die Erzählweise des Films ist jedoch derart sympathisch, dass man den etwas plötzlichen Schluss richtig schade findet.

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Fernsehfilm

ARD Degeto

Mit Peter Weck, Heidelinde Weis, Katharina Schubert, Pierre Besson, Claudia Messner, Lambert Hamel, Eva Kryll

Kamera: Rudolf Blahacek

Schnitt: Silvia Binder

Musik: Enjott Schneider

Produktionsfirma: Franz Seitz Filmproduktion

Drehbuch: Franz Seitz, Gabriele Terofal

Regie: Dagmar Knöpfel

EA: 25.08.2006 20:15 Uhr | ARD

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