Schüchtern begegnen sich die Blicke des Erzherzogs Johann und der Postmeistertochter Anna Plochl. Bald ist mehr zwischen den beiden als nur Sympathie. Doch eine Heirat mit einer Bürgerlichen wäre ein Affront gegen die österreichische Krone. Kaiser Franz, Johanns Bruder, ist strikt gegen eine Vermählung. Für ihn wäre es ein falsches Signal. Das 19. Jahrhundert zieht am Horizont auf und mit ihm eine von der Französischen Revolution initiierte politische Zeitenwende. Die alten Machthaber fürchten die neue Zeit. „Was für ein scheußliches Wort: Modernität“, schimpft der Kaiser. „In Wien am Hof sagt keiner die Wahrheit“, sinniert indes schwermütig der Erzherzog. Es wird gelogen, spioniert, intrigiert – und deshalb zieht sich der für die Hofschranzen in Wien so sehr aus Art und Tradition geschlagene Johann immer öfters in seine geliebten Berge zurück. Dort sah er auch sein Annerl das erste Mal, diese durch und durch ehrliche Haut. Und auch sie spürt: dieser Mann ist anders als die anderen.
„Anna und der Prinz“ (auf 3sat hieß der Film: „Geliebter Johann, Geliebte Anna“) zeigt den sittsamen Verlauf einer verbotenen Liebe. Es dauert fast 90 Filmminuten, bis alle familienpolitischen Hindernisse aus der Welt geschafft sind und sich die beiden das Ja-Wort geben dürfen. Doch lang wird einem dieses historische Liebesdrama nicht – vorausgesetzt, man lässt sich ein auf diese eher unglamouröse Zeitreise und kann etwas anfangen mit dem spröden Zauber dieser wenig bezaubernden Zeit. Julian Roman Pölsler schwelgt nicht in Sissi-Sehnsüchtelei und ist kein Freund ungebrochener Heimatfilm-Glückseligkeit. Indem Knut Boeser aus der Perspektive der demütigen Postmeistertochter erzählt, entwickelt sich die österreichische-deutsche Koproduktion zu einem intimen Kammerspiel. Wirkt zu Beginn die alpenländische Landschaft als Metapher für die Verliebtheit geradezu noch befreiend, wird es zunehmend beengender, düsterer, einsamer um die Hauptfiguren. Die Liebe verlangt Opfer.
Ob Innen- oder Außenszenen, ob Totale oder Naheinstellung, ob Landschafts- oder Seelendarstellung – Pölsler arbeitet in all seinen „Farben“ für TV-Verhältnisse sehr genau. Auffallend geprägt wird der Erzählstil von den Blicken seiner Hauptdarsteller. Tobias Moretti als intellektueller Schöngeist und späterer Sozialreformer erscheint bewusst gebremst in seiner Physis. Ein Mann, von der Etikette gedeckelt, der erst spät aufbegehrt gegen die Staatsräson. Dafür darf Anna Maria Mühe mit dem leuchtenden Blau ihrer Augen und selbstgewissem Strahlen umso mehr von der zeitgenössischen weiblichen Aura eines idealen romantischen Menschenbilds einströmen lassen in dieses so wunderbar konzentriert erzählte Liebesdrama.