Schläge prasseln auf einen regungslosen Körper ein. Der zeigt kaum Reaktion, allenfalls ein stilles Röcheln ist zu hören. Eine Frau verprügelt ihren Mann mit allem, was im trauten Heim greifbar ist. Immer wieder, nach Tagen scheinbarer Normalität, bricht es aus der Frau heraus. Sie ist Lehrerin, er ist Polizist, nach außen geben sich beide freundlich und hilfsbereit, doch in ihren vier Wänden durchleben sie die Hölle.
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„Der Film handelt von Liebe und Abhängigkeit; Gewalt ist eher der Glutkern der Geschichte“, sagt Jan Bonny über seinen Film „Gegenüber“. Draufhauen und Wegducken als zwei Seiten einer Medaille, zwei Möglichkeiten, Verlustängste auszuleben. Wenn diese gnadenlose Ko-Existenz ihren physisch radikalsten Ausdruck findet, wenn es auf dem Wohnzimmerteppich Hiebe setzt, dann ist man ganz nah bei jenem verzweifelten Paar, das sich nur in solchen Momenten nahe zu kommen vermag. Die Verzweiflung ist spürbar, weil beide nicht verstehen können, was hier passiert. Jan Bonny deutet es auch nur an. Da ist Selbsthass im Spiel; auch die fehlende Anerkennung der erwachsenen Tochter durch den Vater sucht offensichtlich ein Ventil. Dass die männliche Hauptfigur kein Mensch ist, der das Leben zupackend meistert, ist auch mit ein Grund für die ständigen körperlichen Kollisionen. Aber solche Erklärungen greifen zu kurz. Man muss hinschauen. Zwischen den Schlägen und den Umarmungen, der pervertierten Nähe, offenbart sich die schwer zu fassende Wahrheit.
„Gegenüber“ ist der nachhaltigste Film der „Debüt-im-Ersten“-Reihe 2009 – nicht zuletzt wegen seiner beiden überragenden Hauptdarsteller: Victoria Trauttmansdorff als überforderte Ehefrau und Matthias Brandt als der Meister des Erduldens. „Was habe ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?“, fragt er verzweifelt. Doch irgendwann fragt er nicht mehr, erträgt diese permanente Selbstzerfleischung nicht länger, sondern schlägt zurück. „Gewalt ist in keine Lösung“ heißt es so schön simpel. In diesem Fall, weil sie den Ausbruch aus einem kaputten Beziehungsmuster markiert, ist sie vielleicht doch die richtige Antwort.