„Der Krieg verloren, die Unschuld verraten, die Liebe ohne Hoffnung“, heißt es zu Beginn in „Gegen Ende der Nacht von Oliver Storz. Nach seinem preisgekrönten Kriegsende-Drama „Drei Tage im April“ sind es nun drei Tage und drei Nächte im Hochsommer 1945, von denen der Pionier des anspruchsvollen Fernsehfilms erzählt. Es geht um Schuld und Unschuld, um Vorurteile und Misstrauen & um die Unmöglichkeit von Liebe in einer Zeit völligen Umbruchs.
Die Ausgangssituation ist real. Eine fünfköpfige Familie wird bestialisch ausgelöscht. Ein amerikanischer Offizier aus einer deutsch-jüdischen Emigrantenfamilie übernimmt den Fall und schlittert dabei in eine problematische Liebesaffäre mit einer mutmaßlichen KZ-Aufseherin. „Zwischen uns liegen die Toten. Glaubst du, wir können sie weglieben?“, räsoniert die junge Frau. Und von einer weiteren Beziehung erzählt der Film: die eines Besatzungsoffiziers und eines deutschen Polizisten. „Der eine sucht ständig, wer ist schwarz, wer ist weiß, wer ist gut, wer böse, und verstrickt sich rettungslos; der andere ist ein Mann, der sehr genau um das Leben in einer Diktatur weiß“, so Storz. Mit seinen Filmen will er die Geschichte vor dem Vergessen bewahren und darauf hinweisen, dass die Gegenwart undenkbar wäre ohne die Vergangenheit. Mit „Gegen Ende der Nacht“ wollte Storz keinen abstrakten Themenfilm machen. „Es ging mir um Menschen, die in Grenzbereichen stecken.“
Mit Karoline Eichhorn („Der Sandmann“), Stefan Kurt und Bruno Ganz konnte der Schwabe drei hervorragende Charakterköpfe verpflichten. Der schwierigste Part kam Eichhorn zu. „Sie musste ihre Rolle schauspielerisch offen halten“, sagt Storz. Und sie musste die zwiespältige Stimmungslage der Nation in ihrer Figur vereinen. Auch visuell hat sich Storz einiges ausgedacht. „Wir haben versucht, die Farbe weitgehend zurückzunehmen, und arbeiten mit hohen Kontrasten“, so Kameramann Hans Grimmelmann. Vor allem die Innen- und Nacht-Aufnahmen bekommen so eine Optik, wie sie alte Schwarzweiß-Fotografien besitzen.
Fernsehgeschichte schreiben wird die dreiminütige Eingangssequenz. In ihr nähert sich die Kamera dem Ort und den Opfern des grausigen Verbrechens. Die Sinnlichkeit einer solchen Szene gehört für den ästhetischen Realisten Storz ebenso zum Geschichtenerzählen wie ein sozial relevantes Thema. „Die Botschaft eines Kunstwerks ist auch das Kunstwerk selbst. Manchmal genügt es, wenn nur die Bilder in Erinnerung bleiben.“ (Text-Stand: 29.4.1998)