Frauenherzen

Nadeshda Brennicke, Valerie Niehaus, Anna Fischer, Julia Dietze. Ich steh auf Berlin

Foto: Sat 1 / Maria Krumwiede
Foto Rainer Tittelbach

Sechs Frauen, sechs Lebensentwürfe, eine Stadt und ein Film wie eine Seifenblase. Im Kino reüssierten die „Männerherzen“, da lässt Sat 1 nun im Fernsehen die Zeitgeistkomödie „Frauenherzen“ los. Keine klassische Romantic Comedy, denn es geht weniger um den Endzweck einer glücklichen Beziehung als um grundverschiedene Frauen und die Bilder, die sie sich von sich und der Welt machen. Hübsch oberflächliche Short Cuts, Frauen-Klischees mit Herz und Schnauze, mehr Design als Sein. Wer’s mag, wird bestens bedient!

Sechs Frauen, sechs Lebensentwürfe. Agenturchefin Fe (Nadeshda Brennicke) denkt offenbar nur von einem Model-Shooting zum nächsten – bis ihr sie liebender, aber umso genervter Ehemann ihr die Pistole auf die Brust setzt. Ihr Sorgenkind, das Top-Model Mira (Julia Dietze), hatte einen Zusammenbruch und hat immer noch Probleme mit dem Selbstwertgefühl – wenn’s ganz schlimm kommt, umarmt sie einfach mal einen Baum. „Familienglucke“ Karo (Valerie Niehaus) sehnt sich nach Sex, sublimiert tüchtig mit Gartenarbeit und hängt dem werten Gatten vor lauter Frust eine Affäre an. Die lebenslustige, ewige Praktikantin Charlie (Anna Fischer) schlägt sich mit ihrer dreijährigen Tochter derzeit als Aushilfsmaklerin durchs schicke Berlin, sie kommt aus der Provinz und kann den Sommer in der Großstadt umso mehr genießen. Single Frieda (Julia Hartmann) arbeitet in einem Kiez-Café, hat jede Menge One-Night-Stands, aber Probleme mit den Gefühlen. Und bei Friseurin und „Schokoholic“ Mandy (Marie Schöneburg) ist das umgekehrt: Sie träumt von einem Prinzen, der sie so nimmt, wie sie ist – und ihr die ewige Treue schwört.

FrauenherzenFoto: Sat 1 / Maria Krumwiede
Hochwertiger Look. Das Model-Agenturwesen ist ein knallharter Job. Julia Dietze und Nadeshda Brennicke

Was die Produzenten Wiedemann & Berg (“Add a friend“) mit den „Männerherzen“-Filmen im Kino schafften, versuchen sie nun fürs Fernsehen, für Sat 1 und somit für die vornehmlich weibliche Zielgruppe. Damit ist klar, dass es in dieser Berlin-Komödie um „Frauenherzen“ gehen muss. Konsequent erzählen Astrid Ruppert und Sophie Allet-Coche aus der Frauen-Perspektive. Es geht weniger um den glücklichen Vollzug und Endzweck amouröser Beziehungen, sondern es geht um Frauen und die unterschiedlichen Bilder, die sie sich von sich und der Welt, den anderen im Allgemeinen und den Männern im Besonderen, machen. So weit so frauenaffin. Die Vielfalt der Frauentypen in diesem Film ist sicher ein Pluspunkt gegenüber einer herkömmlichen Romantic Comedy.  Mit sechs Geschichten muss sich „Frauenherzen“ dafür von so etwas wie „Tiefe“ verabschieden. Das muss man wissen. Das muss man mögen. Denn dieses Short-Cuts-Konzept hat Konsequenzen: mehr Design als Sein, Frauen-Klischees mit Herz und Schnauze, mehr gewitzte Befindlichkeitsrhetorik als ernsthafter Seelen-Striptease. Der Film erzählt weniger Geschichten, lebt vielmehr von seiner Signalkraft. Damit kommt er dem auf Images angelegten Erzählen in Werbung und Musikclip näher als dem auf Individualität basierenden traditionellen Erzählen eines 90-Minüters. Dazu gehören neben dem stimmig-stimmungsvollen Independent-Soundtrack ein harmonisches Production-Design und insgesamt eine sinnliche, geschmackvolle Inszenierung.

Im Detail setzt „Frauenherzen“ allerdings schon auch auf all die dramaturgischen Stereotypen und inhaltlichen Standards, die man aus klassischen Beziehungskomödien kennt: das Karriereding, das die Liebe behindert, Selbstfindung und Erwachsenwerden, das Missverständnis, eine Verletzung aus grauer Vorzeit, die fixe Idee, keiner mag mich, wie ich bin… Aber die Wirkung ist im Verbund mit den zahlreichen Geschichten dann doch eine etwas andere. Durch das Springen durch die verschiedenen Schicksale, lässt sich über vieles bei diesem Ensemblefilm hinwegsehen. Man braucht für diesen Film aber die richtige Stimmung. Sicher auch das richtige Alter – und Bock darauf, nicht immer nur erwachsen sein zu müssen, sondern sich mal so richtig schön in Regression (Fernsehunterhaltung ist doch im Grunde nichts anderes!) zu suhlen. Dann kann man diesen Berlin-Film (vielleicht) genießen, so wie man sich am Schimmern einer Seifenblase erfreuen kann. (Text-Stand: 19.12.2013)

FrauenherzenFoto: Sat 1 / Maria Krumwiede
Selbst die Frau. Charlie (eine Rolle wie für sie geschrieben: Anna Fischer) gehört zur Generation Praktikum.

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

Sat 1

Mit Nadeshda Brennicke, Valerie Niehaus, Anna Fischer, Julia Hartmann, Marie Schöneburg, Julia Dietze, Siegfried Terpoorten, Tobias Oertel, Jenny Elvers

Kamera: Christian Paschmann

Schnitt: Günter Schultens

Produktionsfirma: Wiedemann & Berg

Drehbuch: Astrid Ruppert

Regie: Sophie Allet-Coche

Quote: 3,03 Mio. Zuschauer (9,9% MA)

EA: 14.01.2014 20:15 Uhr | Sat 1

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach