Fleisch

Das Remake eines Aufregers, das keine Fernsehgeschichte schreiben wird

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Foto Rainer Tittelbach

Filmemacher Rainer Erler ließ 1979 ein junges deutsches Paar in den Süden der USA reisen. Aus den Flitterwochen wurde ein Horrortrip. Der Film hieß „Fleisch“ und er schrieb TV-Geschichte. 30 Jahre später entschloss sich Pro Sieben zu einem Remake des Organklau-Aufregers. Die Geschichte wurde nach Südafrika verlegt. Eine junge Frau kämpft um das Leben ihres Mannes, der mitten in der Steppe von Sanitätern brutal entführt wird.

Der Autor und Regisseur Rainer Erler († 2023) ließ 1979 ein junges deutsches Paar in den Süden der USA reisen. Aus den Flitterwochen wurde ein Horrortrip. Der Film hieß „Fleisch“ und er machte die Fernsehgeschichte um einen Skandal reicher. Weniger, weil er einer der ersten Suspense-Thriller war, die vom deutschen Fernsehen produziert wurden, das größere Politikum war sein Thema. Denn Science-Fiction-Experte Erler, der auch den Roman zum TV-Movie schrieb, hatte sich dem heiklen Thema des Organhandels angenommen, das man hierzulande damals für reine Fiktion hielt. Schon vor der Ausstrahlung hagelte es heftige Proteste. Ärzteverbände meldeten sich zu Wort, die um den Ruf ihrer Zunft fürchteten.

„Fleisch“, seit Kurzen auf DVD erhältlich, löste eine öffentliche Diskussion aus über das Für und Wider von Organspenden und die Gefahr verbrecherischen Organhandels. Die deutsche TV-Produktion sorgte auch international für Furore. Dem Kultfilm mit Jutta Speidel und Herbert Herrmann gelang der seltene Spagat zwischen publizistischer Zuspitzung und trivialer Genrehandlung. Das Ergebnis war ein ungewöhnlich spannender TV-Reißer, der nicht nur internationale Fernsehpreise gewann, sondern auch in 120 Länder verkauft wurde.

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Der Freund ist gekidnappt. Marisa (Theresa Scholze) kann in die Townships flüchten. Biko (Tony Kgoroge) ist bereit zu helfen.

30 Jahre später hat sich Pro Sieben zu einem Remake des Organklau-Aufregers entschlossen. Die Geschichte wurde nach Südafrika verlegt. Theresa Scholze, bekannt aus Serien wie „Der letzte Zeuge“ und „Zwei Engel für Amor“, spielt die junge Frau, die um das Leben ihres Mannes (Ströbel) bangt, der mitten in der Steppe von Sanitätern brutal entführt wird. Aber auch Marisas Leben scheint in dem Township, in das sie flüchtet, nicht viel wert zu sein. Der Deutschen wird ein Mord an einem Polizisten in die Schuhe geschoben, außerdem wird ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt. Hoffnung kommt auf, als der schwarze Biko, gespielt von Tony Kgoroge, der Deutschen seine Hilfe anbietet. Auch er hat noch eine Rechnung offen mit jenen perfiden Menschenhändlern, die offenbar auch seinen Sohn auf dem Gewissen haben.

Die Neuverfilmung von Komödien-Regisseur Oliver Schmitz („Türkisch für Anfänger“) verlässt sich ganz auf die Vorlage. Sogar die Bilder wurden mitunter 1:1 übernommen. Wir sehen Theresa Scholze im Film und auf dem Werbefolder flüchten vor der Ikone des Schreckens, dem Krankenwagen – so wie damals Jutta Speidel um ihr Leben lief. Bis auf das zeitgemäße, knappere T-Shirt – alles wie gehabt. Nichts gegen Remakes, wenn sie einen starken Stoff einem jungen Publikum, das das Original nicht kennt, näher bringen. Zuletzt wilderte das Fernsehen im Kino der Gefühle. Nach den netten Komödien-Nachziehern „Heute heiratet mein Mann“ und „Die Zürcher Verlobung“ zeigten sich zuletzt „Krieg und Frieden“ und „Doktor Schiwago“ auf der Höhe ihrer Vorgänger. Auch ein früherer Versuch, einen anderen Rainer-Erler-Klassiker, „Die letzten Ferien“, zu reloaden, gelang überraschend gut.

Bei „Fleisch“ hätte man sich etwas mehr Sorgfalt gewünscht. Die Inszenierung der Spannungsszenen ist wenig ausgefeilt, zu viele Totalen, zu wenig akzentuierende Schnittfolgen. Die Action gerät mitunter sogar in Parodie-Nähe. Die Dialoge sind trashig („Schnapp dir das Miststück“), die Synchronisation macht ihnen endgültig den Garaus. Trotz einer überzeugenden Theresa Scholze berührt einen das Schicksal der Hauptfigur nie wirklich. Wirkung vor Logik – das Prinzip galt schon für das Original, das sich deutlich am klassischen Kolportage-Plot orientierte. Nur: der Zuschauer heute ist verwöhnter. Dass bei all seinen Schwächen der Film dennoch einigermaßen fesselt, dürfte an der zeitlos guten Story liegen.

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Fernsehfilm

Pro Sieben

Mit Theresa Scholze, Sebastian Ströbel, Tony Kgoroge, Susan Danford

Kamera: Rod Stewart

Szenenbild: Willow Howell

Schnitt: Mona Bräuer

Musik: Martin Todsharow

Produktionsfirma: Lionheart Entertainment

Drehbuch: Thomas Gaschler

Regie: Oliver Schmitz

EA: 18.02.2008 20:15 Uhr | Pro Sieben

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