Situationskomik im deutschen Fernsehen ist ein Trauerspiel. Eine Ausnahme ist da Gerd Dudenhhöffer mit seiner „Familie Heinz Becker“, eine Mundart-Comedy, die aus dessen Bühnenfigur entstanden ist. Ein sturer Kleinbürger, der’s deftig mag und dem der Zeitgeist nichts anhaben kann. Keiner hatte den saarländischen Kabarettisten, der in der neuen Staffel auch Regie führt, auf der Rechnung. Doch jetzt fährt er für die ARD Quoten (rund sechs Millionen Zuschauer) ein, von denen deutsche Sitcoms sonst nur träumen können.
Seit sechs Wochen verstrickt sich der ewige Besserwisser nun schon wieder wie gewohnt in die köstlich dummen Scharmützel mit Frau Hilde und Sohnemann Stefan. Da stand er in der ersten Folge „Stromausfall“ im Dunkeln – und konnte dabei nur ans Bier denken, das im Kühlschrank warmzuwerden drohte. Für Verwirrung sorgte er als Heimwerker, als Pannenhelfer oder allein durch seine Anwesenheit in den eigenen vier Wänden. Wie immer voll daneben. „Wie und wielange der über absolute Nichtigkeiten, seine Tomaten oder die Butter, die ihm vom Messer gerutscht ist, reden kann – das macht ihn komisch“, beschreibt Dudenhöffer (47) seine Kunstfigur, die er 1980 erstmals auf die Kleinkunstbretter stellte.
„Familie Heinz Becker“ – das ist der Alltagstrott des deutschen Michels, der im Trevira-Anzug und mit Schieberkäppi manch einem vermeintlich aufgeklärten Bürger den Spiegel vorhält. „Wir sind alle so, das ist das Furchtbare“, so Dudenhöffer. „Mit kabarettistischen Mitteln beobachtet er einen bestimmten deutschen Menschentypus“, analysiert Dirk Bach seinen Kollegen. Scharfe Satire schlägt nur selten durch. „Manchmal geht der Heinz wortstark gegen Minderheiten vor. Da erkennt man seine gnadenlose Intoleranz. Auch wenn er in „Stefan zieh‘ aus“ auf Stammtischniveau über ‚Ossis‘, Mauerfall und den Zweiten Weltkrieg palavert – ein Ekel wie Alfred Tetzlaff (Menge „Ein Herz und eine Seele“) ist er deshalb noch lange nicht.
Deutsche Sitcoms sind nicht Dudenhöffers Fall. „Da fehlt die Liebe zum Text, das Gespür für Komik. Das ist alles hingehudelt“, findet der gelernte Designer, der vor elf Jahren als schusseliger Studio-Assistent in Jürgen von der Lippes „So isses“ seinen TV-Durchbruch erlebte. Der 1,89-Meter-Mann gilt als Perfektionist seines Fachs. Wie sein Vorbild Loriot bringt Dudenhöffer seine komischen Ideen in Form von Schaltplänen zu Papier: Mechanik ist denn auch das Geheimnis seiner Komik. Und nichts bleibt dem Zufall überlassen.
Produziert wird im Stil einer Serie (6-7 Min. Film täglich), nicht im Sitcom-Wochenrhythmus. Auch in den Dekorationen und Schauplätzen unterscheidet sich „Familie Heinz Becker“ von traditionellen Sitcoms. Alles ist liebevoller gemacht, riecht nicht nach Studio, mufft schon eher nach Wohnküche. Doch das ist ganz im Sinne des Erfinders. (Text-Stand: 1998)