Endlich Frühling

Simone Thomalla, Maria Simon, Genzkow, Bürkle, Duryn, Nathalie Scharf. Familiendrama im "Herzkino"

Foto: ZDF / Jacqueline Krause-Burberg
Foto Rainer Tittelbach

Die von Simone Thomalla verköperte Dorfhelferin Katja Baumann bekommt es in ihrem achten Fall mit einer typischen dysfunktionalen (Bauern-)Familie zu tun. Vom Titel gebenden „Endlich Frühling“ spürt man als Zuschauer in diesem „Herzkino“-Stück relativ wenig. Dennoch oder gerade deshalb ist der Film von Michael Karen einer der bisher stärksten aus der ZDF-„Frühling“-Reihe. Mit Schauspielern wie Maria Simon und Hendrik Duryn lässt sich die dramatische Geschichte anspruchsvoller und zugleich sehr viel visueller auflösen.

Ein Notfall für Dorfhelferin Katja Baumann: Bei der Bauernfamilie Feichtmayr wäre beinahe der dreijährige Benny ertrunken. Laura, seine Teenager-Schwester, hätte auf ihn aufpassen sollen. Das Mädchen benimmt sich überhaupt merkwürdig: keinerlei Mitgefühl für den kleinen Bruder, ständig nur auf ihr Handy fixiert, selbst den Umarmungsversuch der Mutter wehrt sie ab. Ganz anders verhält sich ihre jüngere Schwester Christina. Sie ist stets aufmerksam, feinfühlig und gut in der Schule, fast scheint sie die Mutter ersetzen zu wollen, als diese die ersten Tage nach dem Unfall im Krankenhaus wohnt. Diese Rolle übernimmt nun aber Katja. Schnell gewinnt die Dorfhelferin das Vertrauen der übervernünftigen Christina. Nur Laura bockt nach wie vor. Ist das tatsächlich nur die Pubertät? Und welche Rolle spielt der Vater, der mit einem Zweitjob den verschuldeten Hof und die Familie über Wasser halten muss?

Soundtrack: Cro („Bad Chick“), Anna Ternheim („Bow Your Head“), Rudimental feat. Emeli Sandé („Free“), Jason Mraz („I Won’t Give Up“), Sophie Hunger („Shape“), Frederika Stahl („She & I“), MiMi („The Fire“), Lunik („The Most Beautiful Song“)

Endlich FrühlingFoto: ZDF / Jacqueline Krause-Burberg
Die Dorfhelferin Katja Baumann (Simone Thomalla) inmitten einer dysfunktionalen Familie. Top besetzt: Hendrik Duryn, Zsa Zsa Inci Bürkle, Lena Meyer, Maria Simon

Allzu feine Sensoren brauchen weder die Hauptfigur der ZDF-Reihe noch der Zuschauer, um zu erkennen, dass in dieser Familie etwas nicht stimmt. Für die Dorfhelferin ist ihr achter Fall einer ihrer schwersten, der ihr besonders nahe geht. Denn vieles erinnert sie bei dieser deutlich dysfunktionalen Familie an ihre eigene Kindheit (oder sind diese Erzählungen ausgedacht und dienen nur als vertrauensbildende Maßnahmen?). Die Kinder tun der von Simone Thomalla nach wie vor recht überzeugend verkörperten Katja Baumann leid – und gegen die uneinsichtigen Eltern ist lange kein Ankommen. Entsprechend müssen die Nebenplots weitgehend ohne diese bisher meist als Helikopter-Heldin durch die Handlung kreisende Figur auskommen. Kurzzeitig befürchtet Tochter Kiki, dass sie auch von ihrem neuen Freund Sam betrogen wird. Doch seine Nacht- und Nebelaktionen haben nur etwas mit seinem Engagement als Tierschützer zu tun. Das Besprayen von Höfen und von freigelassenen Schweinen („Ich will leben“) tangiert auch Tierarzt Mark, den – weil er Kiki & Co beherbergt – die Bauern mit den „Schmierfinken“ in einen Topf werfen. Außerdem hängt auch bei ihm und seiner reaktivierten Jugendliebe der Haussegen schief. Die Heldin ist über das Meiste dieser Randepisoden im Bilde, muss aber nicht überall klärend eingreifen – und muss sich dieses Mal auch nicht mit ihrem eigenen amourösen Gefühlsleben auseinandersetzen. Das tut dem Film von Michael Karen gut, zudem wie immer Natalie Scharf das Drehbuch verfasste. Die 90 Minuten bekommen so eine größere Dichte und eine ungewohnte emotionale Tiefe.

Und so spürt man vom Titel gebenden „Endlich Frühling“ in diesem Light-Drama um eine gestörte Familienstruktur relativ wenig. Zwar blühen in manchem Bild die Obstbäume, aber Landschaft, Natur und Lebensgefühl stehen in dieser Episode weniger im Vordergrund als in einigen der thematisch und dramaturgisch schwächeren Filme aus dem fiktiven bayerischen Dorf Frühling. Stattdessen wird das Feld der Psychologie beackert. Dementsprechend war es die beste Entscheidung, bei „Endlich Frühling“ großen Wert auf die Besetzung zu legen: Maria Simon („Der Geruch von Erde“), Hendrik Duryn („Der Lehrer“) und vor allem auch die Darsteller der Kinder, Lena Meyer und Zsa Zsa Inci Bürkle („Wilde Hühner“), überzeugen einzeln, ergeben aber auch insgesamt ein stimmiges Gesamtbild dieser Problemfamilie. Mit diesen Schauspielern war es für Karen sichtlich ein Leichtes, die emotionalen Schlüsselszenen größtenteils nonverbal, mit kleinen Gesten, mit Blicken, Berührungen, Umarmungen, mit Tränen, aufzulösen. Dadurch ergibt sich nicht nur ein sehr flüssiger dramatischer Erzählstil, sondern es muss auch nicht innerhalb von ein, zwei Szenen zu einer jener „unglaubwürdigen“, im „Herzkino“ aber leider nicht unüblichen Turbo-Läuterungen (gerade noch völlig uneinsichtiger Protagonisten) kommen. Dennoch aber bleibt auch in „Endlich Frühling“ der weitgehend unterhaltsame Grundton der ZDF-Reihe bestehen. (Text-Stand: 20.1.2015)

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Reihe

ZDF

Mit Simone Thomalla, Carolyn Genzkow, Lena Meyer, Zsa Zsa Inci Bürkle, Marco Girnth, Maria Simon, Hendrik Duryn, Constantin von Jascheroff, Florentine Lahme

Kamera: Peter Joachim Krause

Produktionsfirma: UFA Fiction

Drehbuch: Natalie Scharf

Regie: Michael Karen

Quote: 5,45 Mio. Zuschauer (14,9% MA)

EA: 08.02.2015 20:15 Uhr | ZDF

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