Hannah lebt seit Jahren ohne Partner. Sie ist Lehrerin und kriegt ihre zwei Kinder auch alleine groß. Obwohl, so ein Mann wäre schon mal wieder was. So wie dieser neue Kollege, Bernd Vossler. Die Freundin sagt, er sei ein Frauenversteher. Und tatsächlich, er ist verbindlich, charmant und kann auch mit Kindern gut. Ein Flirt, ein Date, ein Tag mit Familie. Alles scheint bestens – doch dann mehren sich die Aussetzer. Ohne jede Vorankündigung bricht es aus Bernd heraus: Er brüllt, beschimpft Hannah und schlägt zu – wenig später die Entschuldigung. Ein Mal vergibt sie ihm. Doch schon der Versöhnungsabend endet in einer verhängnisvollen Nacht. „Als würde jemand in seinem Kopf einen Schalter umlegen, und es steht ein fremder Mensch vor dir“, erklärt sie die Situation später ihrer Tochter Paula. Bernd vergewaltigt Hannah brutal in jener Nacht. Er wandert hinter Gitter, doch nach 18 Monaten ist er wieder draußen – und terrorisiert Hannah weiter. Nun ist sie für ihn die Frau, die sein Leben zerstört hat. Aber er ist klug. Er wählt die sanfte, latente Methode. Angst wird ab sofort Hannahs ständiger Begleiter. Sie wird zum Nervenbündel. Reicht dies Bernd als Rache?
„Eine verhängnisvolle Nacht“ kommt schnell zur Sache. Gerade denkt man noch: ein schönes Paar – da fliegen wenig später schon die Fetzen. Es folgen Anzeige und Urteilsspruch, dann die Warnung eines Mithäftlings – und nun beginnt der Spießrutenlauf der Helden durch ihren Alltag. Überall könnte dieser Psychopath lauern. Er könnte sich auch an den Kindern rächen. Der Film zeichnet im Spannungsfeld einer Wirklichkeit, wie sie sein könnte, und gängiger Thriller-Muster die Phänomenologie einer Bedrohung. Erklärungen werden wenig gegeben. Der Täter ist, was er ist, ein Mann ohne Erinnerung an seine Kindheit, mit einer Narbe auf dem Rücken, ein ganz normaler Mann, der seine Wut (vornehmlich gegen Frauen) nicht im Griff hat – das muss reichen. Denn Miguel Alexandre und Harald Göckeritz erzählen aus der Perspektive des Opfers. Dass jene Hannah zum roten Tuch für diesen intelligenten Schläger wird, ist nicht unplausibel. Frauen, die alles im Griff haben, wecken seinen Zorn. Er wirft ihr vor, dass sie überkontrolliert sei. Hannah muss offensichtlich als Stellvertreterin büßen. Klar ist aber auch: der Lehrer ist Täter und voll für seine Tat verantwortlich, zeigt er doch keinerlei Anzeichen, gegen seinen krankhaften Aggressionstrieb therapeutisch angehen zu wollen.
Soundtrack: Donald Byrd („Love Has Come Around“), Electric Playboys („Little Girl“), The Miles Davis Quintet („Nuit sur les Champs-Élysées“), John Legend & The Roots („Humanity love the way it should be“)
Um Gefallen an diesem dramaturgisch sehr konventionellen und in einer bewusst alltagsnahen (Familienfilm-)Ästhetik inszenierten ZDF-Movie zu finden, muss man ihn vornehmlich als Fernsehfilm begreifen und ihm weniger mit den Genre-Erwartungen eines Thrillers begegnen. Man muss sich mit dem verängstigten Blick Silke Bodenbenders durch dieses ebenso spannungsreiche wie überraschungsarme Bedrohungsszenario bewegen. Man muss die Ohnmacht spüren, um die Verzweiflung zu verstehen. Das Spiel zwischen Kraftlosigkeit und Depression, zwischen Selbstbestimmung und Lebensmut gelingt Bodenbender sehr glaubhaft – auch Dank einer vorzüglichen Maske. Rote Augen, blasse Wangen und auch die Frisuren nuancieren den Seelenzustand der Figur. Matthias Brandt muss dagegen nur kleine Ausrufezeichen setzen, die über den Seelenzustand der Heldin für kurze Zeit entscheiden. Wie seine Figur versteht er es wunderbar von charismatisch und freundlich auf brutal und Angst einflößend umzuswitchen. Dass Brandts Figur kein Black-Box-Psychopath eines TV-Thrillers ist, ermöglicht, dass die Dramaturgie 90 Minuten lang durchhält. (Text-Stand: 15.8.2013)