Mal wieder typisch! Liane und Ehemann Ben wollten sich in Lissabon treffen, um endlich ein paar Tage gemeinsam miteinander zu verbringen – und was ist: Ben ist nicht da. Die Geschäfte haben den international viel beschäftigten Architekten wie so oft aufgehalten. 20. Hochzeitstag – was ist das schon gegen den Bau eines Luxushotels in Marokko!? Ben hat dafür seinen Freund und Mitarbeiter João beauftragt, sich um seine Frau zu kümmern. Der verwitwete Portugiese nimmt seine Aufgabe ernst. Am ersten Tag entführt er Liane ins Lissabonner Nachtleben, am zweiten lädt er sie ein zu einem Ausflug mit dem Moped. João zeigt ihr die schönsten Stellen seiner Heimat – und sein Refugium: das Castello, in dem er mit seiner Frau einst leben wollte. Auch Liane öffnet sich zusehends diesem attraktiven Mann gegenüber. Die beiden schlafen miteinander. Auch das ist für die typische deutsche „Frau an seiner Seite“ eine völlig neue Erfahrung. Wenige Stunden später liegt Ben neben ihr.
Zeitgemäße Romantik ohne Goldrand – mit „Ein Sommer in Portugal“ setzt das ZDF den Trend der „Sommer-in“-Reihe fort. Ausgehend von der Grunderfahrung, die man im Urlaub machen kann, wenn man sich auf die Fremde wirklich einlässt, erzählt der Film von Michael Keusch die Geschichte einer sich ausgeliebten Ehe und einer sich auslebenden frischen Liebe. Beide Beziehungsphasen werden linear erzählt, zunächst die neue, die hoffnungsvolle, die verführerische, danach die vertraute, die leicht verbrauchte, die etwas einseitige.
„Ein Sommer in Portugal“ bekennt sich zum Fern-Sehen = Fernweh und Sehen. Der Film zeigt seine touristischen Reize anders her als TV-Daubrenner wie „Das Traumschiff“ oder „Das Traumhotel“. Die Landschaftsbilder gehören zur Geschichte, in ihnen spiegeln sich die Befindlichkeiten der Charaktere. Sie ersetzen besonders in diesem Film der ZDF-Reihe Nebenhandlungen und -figuren. Es ist neben der freien Zeit, der Möglichkeit des Sichtreibenlassens, auch das reizvolle Ambiente, das den neuen Blick auf das alte Leben ermöglicht. Das macht die Liebe, insbesondere den Akt des Verliebens, in dieser Reihe „glaubwürdiger“ als in anderen „Herzkino“-Stücken. Alltagsnaher ist auch der Umgangston. Und dass hier mehr oder weniger offen über die Qualität von Orgasmen gesprochen wird, ist im „Feuchtgebiete“-Zeitalter für den Sonntagabend im ZDF ein gern gesehener Fortschritt.
Dialoge aus „Ein Sommer in Portugal“
Liane: „Ich konnte mich ihm nie so hingeben. Das war mir auch nie so wichtig. Orgasmus, Lust, Ekstase – das passt nicht zu Windeln wechseln und Mutter sein.“
Thema Orgasmus. Ben: „Die hatten wir doch auch.“
Liane: „Keiner war echt… Ich hab mich geborgen gefühlt, aber nicht begehrt.“
Wenn’s romantisch wird, erspart sich Autor-Regisseur Keusch zu viele Worte. Wozu hat man Portugal, die Natur, die Landschaft, das mediterrane Licht, das südländisch Urbane, den edlen Look der Architektur, die attraktiven Schauspieler, Gesine Cukrowski, Paulo Pires, Bernhard Schir… „Ein Sommer in Portugal“ erzählt von Beziehung vor schöner Landschaft und inmitten kunstvollem Design. Oft möchte man Standbild rufen in diesem weit mehr als nur touristisch attraktiv fotografierten Film. Gegen Ende gibt es eine Krisensitzung im Hotelzimmer: die Schöne nackt und selbstbewusst auf dem Bett sitzend, die befreundeten Kontrahenten stehend vor dem Objekt ihres Begehrens – ratlos. Die Entscheidung trifft schließlich die Frau: Liane ist kein Verhandlungsobjekt, keine Ja-Sager-Hausfrau mehr. Sie sagt, mit wem sie die nächste Phase ihres Lebens gehen wird. Im Rahmen des Genres ist das ja schon mal was. Und Gesine Cukrowski ist die ideale Hauptdarstellerin – als funktionierende Luxus-Ehefrau ebenso wie als erstarkte Frau, bei der der Knoten endlich geplatzt ist.