Eine Wienerin, die eine Auszeit von der Stadt nehmen möchte, mietet in den Sommerferien ein romantisches Winzerhaus in der Südsteiermark. Alles scheint ideal zu sein. Wäre da nicht der etwas aufdringliche Hausbesitzer, der die Frau zunehmend beunruhigt. Der Regisseur Xaver Schwarzenberger und Drehbuchautor Gerhard Roth locken den Zuschauer scheinbar in eine naturverbundene Selbstfindungsgeschichte. Doch ehe man sich versieht, ist man mittendrin in einem typisch österreichischen Psychothriller der kauzigen Art.
“Ein Hund kam in die Küche” – Wenn’s nur der Hund wäre! Aber auch der Besitzer taucht ständig unerwartet auf. Der Mann ist Koch und ständig will er etwas brutzeln. “Machen Sie mir die Freude”, bittet er. Bei einer so charmanten Penetranz kann die Frau aus Wien einfach nicht nein sagen. Und so geht es bald nicht mehr um das Buch, das sie schreiben wollte, sondern ihre Gedanken kreisen um jenen merkwürdigen Zeitgenossen, der aus Familienfotos alle Köpfe außer dem eigenen wegschneidet. Ihre Fixierung auf den Mann steigert sich noch, als sie erfährt, dass ihr Mieter vor 17 Jahren unter Mordverdacht stand. Ein schrulliger Gendarmerieinspektor traut dem Koch sogar noch ganz andere Dinge zu.
Foto: ORF / 3sat
Ein Film der falsche Fährten legt, ohne dass man verstimmt ist. Das ist eine Kunst, die nur noch wenige Filmerzähler beherrschen. Schwarzenberger und Roth vermengen in “Der Hund kam in die Küche” Reales und Eingebildetes, Existenzielles und Metaphorisches optisch ebenso elegant, aber dramaturgisch sehr viel stimmiger. Draußen stürmt es, und drinnen wächst das Unbehagen gegenüber einem Mann, der keine Grenzen zu kennen scheint. Oder ist alles nur weibliche Projektion: Angst, sich auf Gefühle einzulassen?
Andrea Eckert und Tobias Moretti halten das geheimnisvolle (Kammer-)Spiel lange Zeit in der Schwebe. Große Reden schwingen sie nicht. Die schrägen, typisch österreichischen Merksätze bekommt Karl Merkatz als Inspektor, der zugibt, dass er ohne Wein keinen einzigen Fall gelöst hätte. Seine Überzeugung: “Die Wirklichkeit ist Halluzination, die durch den Mangel an Alkohol entsteht.” (Text-Stand: 28.10.2003)