Andi ist schlecht drauf. Er gibt seinen Job als Reisebusfahrer auf. Nachdem auf der letzten Tour ein Sprung vom Dach des Hotels kläglich scheitert, entscheidet er sich, weiter zu leben: „Ich würde gern was mit Menschen machen“, sagt er dem freundlichen Herrn bei der Arbeitsagentur. Es wird ihm gelingen. Bei seinem Job in der Putzkolonne lernt er Frieder kennen. Der gibt sich abweisend – bis ihn die Nachricht vom Tod seiner Frau aus dem Gleichgewicht wirft. Das ist Andis Chance. Jetzt kann er helfen. Zwar geht Frieder nach wie vor die Aufdringlichkeit des Kollegen auf die Nerven – aber schließlich „ergibt“ er sich. Anstrengend findet auch Hanna, die Frau vom psychologischen Dienst, den in seiner Hilfsbereitschaft so naiv wirkenden Mann, der sie bombardiert mit Nachrichten und Anrufen. Aber auch sie erliegt seinem geradezu kindlichen Werben. Finanzielle Sorgen gibt es erst mal keine. Frieders Frau hatte kurz vor ihrem Unfalltod geerbt. Nun erbt Frieder eine Luxus-Wohnung an der Frankfurter Oper. Und Hanna hat die Schlüssel zu einem großbürgerlichen Landhaus. Die drei verbringen zwei Tage in einem Idyll, das sich bald als trügerisch erweist.
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Von einem „guten Sommer“ kündet der Titel von Edward Bergers Tragikomödie. Eigentlich sind es nur ein paar Tage. Ein paar Tage, in denen sich drei Menschen begegnen, die sich nie begegnet wären, wenn nicht einer von ihnen mit geradezu infantiler Penetranz die Nähe gesucht hätte. Dass jener Andi so bedingungslos um Zuneigung baggert, das hat gute Gründe, tragische Gründe. Bis zur Aufklärung sieht man einem vom Schicksal gezeichneten Trio zu, das nicht aufgibt, zu leben, zu lieben, alte Sehnsüchte zu stillen, ausgelassen und ein bisschen verrückt zu sein. Die drei suchen nach dem unbeschwerten Glück. Und doch liegt latenter Schmerz auf der Szenerie. Diesen drei Menschen kann das Glück auf Dauer nicht hold sein.
„Ein guter Sommer“ ist ein Fernsehfilm, der wie ein „kleiner“ Kinofilm erzählt ist – ausschnitthaft, elliptisch, sprunghaft. Berger und Schenk erzählen eine bittersüße Beziehungsgeschichte mit bekannten Motiven: Selbstmordversuch, Todesfall, Seitensprung, Erbschaft, Freundschaft, eine neue Liebe, Krankheit, Tod. Doch sie strukturieren ihre Geschichte nicht linear, erklären nicht alles mit Worten. Der Schnitt gibt den Ton an – nicht der von einer funktionalen Geschichte früh ausgegebene Spannungsbogen. Die Figuren emanzipieren sich aber nach und nach von der mächtigen Montage – aus den Charakteren werden Menschen, Individuen, die situativ, nackt, „wesentlich“ vor einem stehen, ohne Gefühlsverstärker. Andreas Schmidt als der tragische Held, einer, der nichts mehr zu verlieren hat, Jördis Triebel als weibliche Wucht mit hoher Sensibilität und Devid Striesow als Single, der noch einmal aufzuleben scheint – das ist ein Trio, bei dessen Beziehungsalltag man stundenlang zuschauen könnte. Auf diesen Gesichtern gibt es so viel mehr zu sehen, als in den durch krimihafte Dramaturgien final zugerichteten Physiognomien. Transzendenz dominiert in „Ein guter Sommer“ über kleinmütigem TV-Abbildrealismus. Dass der Witwer Frieder so bereitwillig mitfeiert, dass die Zeit zu dritt ohne die Buchidee von der Erbschaft kaum möglich wäre – wen stört das schon!? Begegnung ist alles. „Ein guter Sommer“ erzählt von Möglichkeiten. Und schließlich von der Unmöglichkeit anhaltenden Glücks.