Morde in der Welt der Reichen üben traditionell eine besondere Faszination aus: Eigentlich haben diese Menschen ja schon alles, aber sie wollen immer mehr. Der siebte „Dünentod“-Krimi spielt wieder in Werlesiel, der Heimat von Kripo-Kommissarin Folkmer (Pia Barucki). Der Tote, den ein Angler im Priel entdeckt hat, gehörte zu Schulzeiten zu ihrer Dreierclique; Dritte im Bunde war Nora (Banafshe Hourmazdi). Femke hat die beiden anderen aus den Augen verloren, als sie zur Polizei gegangen ist. Das bis dahin unzertrennliche Trio hatte große Träume und wollte am Strand eine Surfschule aufmachen. Enno ist irgendwann auf die schiefe Bahn geraten und hat diverse Einbrüche begangen, um seine Drogensucht zu finanzieren. Sein Tod war eine Qual, wie der Prolog verdeutlicht: Jemand hat ihn mit einem Seil an ein Boot gebunden und durchs Wasser geschleift; vorher ist er verprügelt worden.
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Die Ermittlungen führen Femke und ihren Partner Tjark Wolf (Hendrik Duryn) umgehend zu einem Segelverein, dessen Mitglieder allesamt äußerst betucht sind. Das klarste Mordmotiv hat Geert Svensson (Özgür Karadeniz). In der Nähe seines Urlaubs-Resorts ist Enno gestorben, wie die Strömungsanalyse ergibt; auf einem Boot am Anleger der Anlage findet Wolf den Rest des Seils, das um Ennos Hals geschnürt war. Außerdem hatte Svensson Pläne für ein Wellness-Projekt in unmittelbarer Strandnähe; just dort, wo Femkes Clique einst eine Bretterbude errichtet hat, die später zur Surf-Bar werden sollte. Enno hat mit der angeblichen Sichtung einer besonderen Möwenart verhindert, dass Svensson, der für das Bauland mehrere Millionen bezahlen musste, seine Vorstellungen umsetzen konnte. Bald darauf stirbt der Mann, der Svensson das Grundstück verkauft hat. Auch für diese Tat hätte der Resort-Besitzer ein Motiv, vorausgesetzt, Steuerberater Ulrich Wagner (Johann von Bülow) wusste von dem seltenen Vogel. In Ennos Habseligkeiten entdeckt Wolf eine jener Uhren, die man nicht trägt, um zu wissen, wie spät es ist. Sie gehörte Wagner, der es dank seiner wohlhabenden Klientel aus dem Segelverein zu viel Geld gebracht hat. Als einzige über jeden Verdacht erhaben ist Apothekerin Linnewever (Julika Jenkins), die ihr Dasein nach dem Tod ihres Gatten dem Kampf gegen den Krebs gewidmet hat. Mit Spendengalas sorgt sie dafür, dass sich die anderen Mitglieder als gute Menschen fühlen können.
Anders als die letzte „Dünentod“-Episode, als Wolf mit einem titelgebenden „Schatten der Vergangenheit“ konfrontiert wurde, und erst recht im Vergleich zu einigen früheren Thrillern der Reihe ist die Handlung von „Tödliche Geheimnisse“ ein gewöhnlicher Krimi; für einen gewissen Reiz sorgt der persönliche Bezug der Kommissarin. Etwas mehr hätte man sich auch von Stephan Ricks Umsetzung erwartet: Spannend wird der Film erst zum Finale, das gewissermaßen ein Pendant zum letzten Fall bildet; dort schien Wolf dem Tode geweiht, nun schwebt die Kollegin in Lebensgefahr. Die zuletzt noch sehr besondere Bildgestaltung (wieder Henner Besuch) entspricht diesmal dem üblichen Fernsehfilmniveau. Dafür ist die Geschichte reizvoll verzwickt (Gregor Erlers Drehbuch basiert auf Sven Kochs „Dünentod“-Roman „Dünensturm“), zumal Ennos Ankündigung, an etwas Großem dran zu sein, keine Übertreibung war; plötzlicher Reichtum geht zumindest im Krimi nur selten mit rechten Dingen zu.
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Sehenswert ist der Film auch wegen des zum Teil namhaften Ensembles, zu dem hier wieder Eugene Boateng als Femkes Lebensgefährte gehört. Der Tierarzt hat sogar erheblichen Anteil daran, sie und Wolf auf die richtige Spur zu bringen. Hendrik Duryn, Pia Barucki sowie Yasemin Cetinkaya als Frau für die Hintergrundrecherche überzeugen als eingespieltes Gespann, das auch ohne all’ zu viele Worte funktioniert. Der ohnehin nicht gerade gesprächige Wolf ist für Duryn, mit Ende fünfzig immer noch prima in Schuss, sowieso eine tolle Rolle. Zumindest jenem Teil des Publikums, der sich bereits jenseits der RTL-Zielgruppe bewegt, wird der Hauptkommissar aus Wilhelmshaven schon allein wegen seines Musikgeschmacks sympathisch sein.