Dienstreise – Was für eine Nacht

Waltz, Rohde, Dobra & Stephan Wagner. Kleiner Außendienstler auf großer Tour

Foto: Sat 1 / Wolfgang Meier
Foto Rainer Tittelbach

Ein Biedermann gerät in die ereignisreichste Nacht seines Vetreterlebens. Christoph Waltz spielt ihn glänzend auf seine leicht konfuse Art als einen, der nicht nein sagen kann. Tragikomisch verheddert sich der Held in einer fremden, seltsamen Welt. Außerdem poltert Armin Rohde im Einsatz für Spaß und Provision urkomisch durch die Szenerie. Running Gags machen den Film von Stephan Wagner zu einem ebenso dichten wie rasanten Ausflug in die Nacht & die Filmgeschichte. Grimme-gekrönt. Komödien-Highlight der 00er Jahre.

Verrückt waren bisher nur die anderen. In “Dienstreise – Was für eine Nacht” will es auch einmal ein kreuzbraver Außendienstler wissen. Was seine Frau zuhause mit seinem Chef kann, das kann der während eines Geschäftstermins schon lange. Mit einem Unterschied: der Biedermann gerät nicht gerade freiwillig in die ereignisreichste Nacht seines Vetreterlebens. Der Mann, der sonst zur Stelle ist, wenn die Pflicht ruft, zieht das Chaos magisch an. Lehmann heißt er, und Grimme-Preisträger Christoph Waltz spielt ihn glänzend auf seine typische, leicht konfuse Art als einen, der nicht nein sagen kann.

“Ich weiß nicht.” Das hätte er besser nicht sagen sollen. “Was war das Erste, was wir gelernt haben im Außendienst, wenn einer sagt: ‘ich weiß nicht’?”, fragt ihn sein Chef. “Dann haben wir ihn“ … „im Sack”, vervollständigt Lehmann. Also muss er noch mal los am Wochenende – von Frankfurt nach Potsdam. Mit dem Porsche vom Chef. Der Anfang vom Ende ist Lehmanns Begegnung mit Kollege Hanno, einem prolohaften Kämpfer für Spaß und Provision. Gemeinsam landen sie in den Fängen dreier Grazien – auch sie im Außendienst: allerdings der Russen-Mafia. Und bald ist alles weg – das Portemonnaie, der Porsche, die Papiere für den Millionen-Abschluss, der Hotelzimmerschlüssel. Doch die Nacht ist lang, und es kann noch sehr viel passieren mit dem nicht mehr ganz so soliden Klaus-Dieter und seiner attraktiven Retterin Jana auf dem Weg zwischen Polizeirevier, Schwulenbar und Edelpuff.

“Dienstreise” ist eine herrlich überdrehte TV-Groteske. Genüsslich kann der Zuschauer mitverfolgen, wie das Unheil seinen Lauf nimmt. Tragikomisch verheddert sich der Held in einer fremden, seltsamen Welt, dessen Gesetze er nicht kennt. Running Gags machen den Film von Stephan Wagner zu einem ebenso dichten wie rasanten Ausflug in die Nacht, der gleichsam zu einem Gipfeltreffen der Schauspieler wird. Neben dem grandios doppelbödigen Christoph Waltz poltert Armin Rohde urkomisch durch die Szenerie. Und Anica Dobra als Bardame mit Herz und den richtigen Freunden war schon in “Fünf Zimmer, Küche, Bad” das passende Gesicht für den gebeutelten Waltz. Selbstironisch in Gastauftritten glänzen zudem Vadim Glowna, Iris Berben, Frank Giering, Jockel Tschiersch und Hannes Jaenicke.

Dienstreise – Was für eine NachtFoto: Sat 1 / Wolfgang Meier
Der Anfang vom Ende: Lehmann lässt sich auf Kollege Hanno ein. Christoph Waltz & Armin Rohde. Was für eine Nacht!

Die Sat-1-Komödie ist ein mächriger Ausreißer nach oben im sonst eher mauen TV-Movie-Angebot der kommerziellen Sender. Produziert von Oliver Berben, spürt man, dass hier Kinokenner am Werke waren. “Ich bin doch nur ein kleiner Programmierer”, schrie vor 17 Jahren Griffin Dunne in Scorseses “Die Zeit nach Mitternacht” in den Himmel von New York. “Kopfüber in die Nacht” fiel Jeff Goldblum in John Landis’ gleichnamiger Chaos-Komödie, und Jeff Daniels ging fast zur gleichen Zeit einer “Gefährlichen Freundin” auf den Leim und machte eine gute Figur als Held im Außendienst. Waltz sind die Fußstapfen, in die er treten muss, aber keineswegs zu groß. “Ich wollte doch nur eine Kleinigkeit essen!”, beschwert er sich beim Schicksal. Und es darf dauergeschmunzelt werden. (Text-Stand: 18.3.2003)

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Fernsehfilm

Sat 1

Mit Christoph Waltz, Armin Rohde, Anica Dobra, Vadim Glowna, Iris Berben, Hannes Jaenicke, Frank Giering

Kamera: Carl-Friedrich Koschnick

Schnitt: Friederike von Normann

Musik: Ali N. Askin

Produktionsfirma: Moovie

Produktion: Oliver Berben

Drehbuch: Stephan Wagner

Regie: Stephan Wagner

EA: 18.03.2003 20:15 Uhr | Sat 1

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