Die Udo Honig Story

Ochsenknecht, Schneeberger, Lauterbach, Janson. „Ich bin kein schlechter Mensch!“

Foto: Sat 1
Foto Thomas Gehringer

Der Fall Hoeneß als Komödie mit satirischem Einschlag: Uwe Ochsenknecht spielt in „Die Udo Honig Story“ den erfolgsbesessenen und spielsüchtigen Titelhelden, der seine Haftzeit antritt und sogleich an seinem Comeback arbeitet. Eine angemessen zwiespältige Figur, während die meisten Promi-Persiflagen bewusst grob geschnitzt und häufig auch nicht komisch sind. Die Besetzung ist mal besser (Schneeberger), mal schlechter (Jaenicke), die Dialoge sind es auch. Der Film wirkt wie eine Aufzählung. Schön absurd die Inszenierung des Gefängnislebens in einer Mischung aus bayerischer Märchenwelt & Knast-Comedy.

Sein letztes Interview gibt Udo Honig (Uwe Ochsenknecht) vor dem Eingang der Justizvollzugsanstalt Bergland. Drinnen wird er von den Häftlingen beim Gang in die Zelle feindselig empfangen. „Udo Honig?“, ruft Wortführer Alex (Feifel), die anderen Knackis brüllen im Chor: „28 Millionen.“ Alex: „Deutschland?“ Antwort: „Null.“ Udo Honig trägt den Spielstand mit Fassung, eine solche Stadion-Atmosphäre kennt der wegen Steuerhinterziehung verurteilte Präsident des FC Rot-Weiß Oberbayern zur Genüge. Und dass alle Häftlinge eine Rückennummer tragen wie Fußballprofis, ist der Eingewöhnung sicher auch nicht abträglich. Aber um den prominenten Neuzugang muss man sich ohnehin keine Sorgen machen. Auch im Gefängnis zieht er bald wieder die Fäden. Udo Honig bringt die anstaltseigene Wurst-Produktion auf Trab und hilft Gefängnisdirektor Moser (Lauterbach) mit Börsentipps. Dem raubeinigen Alex vermittelt er einen neuen Job, Zellengenosse Stefan (Max von Thun), ein glühender Fan der Rot-Weißen, wird sein Ghostwriter. Was draußen gilt, soll auch drinnen gelten: „Wer einmal im Team Honig steht, der kann sich 1000-prozentig auf mich verlassen.“

Die Udo Honig StoryFoto: Sat 1
Keine Probleme hat Udo Honig (Uwe Ochsenknecht) mit seinem Zellengenossen Stefan (Max von Thun). Denn der ist ein glühender Fan der Rot-Weißen.

Uwe Janson erzählt nach „Der Minister“ und „Die Schlikkerfrauen“ einen weiteren gesellschaftspolitischen Stoff als Fernseh-Komödie mit satirischem Einschlag. Nach der Guttenberg-Affäre und dem Schlecker-Konkurs geht es nun also um den tiefen Fall des Uli Hoeneß vom geachteten Bayern-Präsidenten zum verurteilten Steuersünder. Dass bei Sat 1 somit eine respektable Reihe heranwächst, ist lobenswert, schon weil es für Privatsender – leider – nicht selbstverständlich ist, sich mit derartigen Themen auseinanderzusetzen. Dem etwas unausgegoren wirkenden Drehbuch der „Udo Honig Story“ merkt man allerdings an, dass hier schnell gearbeitet wurde, um von der zeitlichen Nähe zur Hoeneß-Affäre zu profitieren – und um womöglich dem ZDF zuvorkommen, das zeitgleich ein Doku-Drama („Uli Hoeneß – Der Patriarch“) plante und das Rennen auch gewann. Uli Hoeneß ist bei der Erstausstrahlung noch ein Freigänger, der sich nicht öffentlich geäußert hat. Die Filme kommen den Einlassungen des Ex-Häftlings Hoeneß also zuvor, was ein Vorteil sein mag. Aber der Wettlauf hat beiden Produktionen nicht unbedingt gut getan.

Während sich das Dokudrama um Gerichts-Protokoll-Treue und Realismus bemüht, arbeiten Janson und sein Co-Autor David Ungureit mit zum Teil plumper Verfremdung und grotesker Überzeichnung. „Die Udo Honig Story“ führt ins Amigo-Land Bayern, in dem Kontakte und gute Beziehungen alles sind, in dem mit Arena-Dauerkarten Haftvergünstigungen erreicht werden und Ministerpräsident Hofersee (Wolfgang Krebs) seinen inhaftierten Spezi zu einem bierseligen Ausflug abholt, um sich bei ihm Rat „wegen dieser depperten Maut“ zu holen. Passanten, die gegen diese Art der Haftverschonung protestieren, werden auf Befehl Hofersees kurzerhand verhaftet – ein Seitenhieb gegen Horst Seehofers Selbstherrlichkeit. Honig empfiehlt übrigens, schöne Idee, die VIP-Maut für die linke Spur – eine Anspielung auf die Auseinandersetzung Hoeneß‘ mit den Bayern-Fans über VIP-Logen & hohe Arena-Preise.

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Mia san mia! Paul Greitner (Wolfgang Fierek), der Guido (Peter Kremer) und Franz Kaiser (Hannes Jaenicke)

Die Klubführung des FC Bayern bekommt in Gestalt eines Triumvirats aus Franz Kaiser (Jaenicke), Paul Greitner (Fierek) und dem namenlosen Vorstands-Vorsitzenden (Kremer) ihr Fett weg. Das Trio ist unschwer als Beckenbauer, Breitner und Rummenigge erkennbar. Letzterer hofft aufs Präsidentenamt, schaut permanent auf seine zwei Uhren und wird von Greitner als „preußischer Uhrensohn“ geschmäht. Noch eine Anspielung: Auf Rummenigges Geldstrafe für eine nicht verzollte Luxus-Uhr. Fußball-Fans, insbesondere der dem FC Bayern nicht zugeneigte Teil, mögen daran Vergnügen finden, doch das Niveau bewegt sich hier auf der Höhe mäßiger Comedy. Die Dialoge sind nicht wirklich lustig, und der mit dem Dialekt hoffnungslos überforderte Jaenicke spielt mit derart eingefrorener Miene, dass man sich fast schon Matze Knop herbeisehnt, von Olli Dittrich ganz zu schweigen. Von schöner Absurdität dagegen ist die Gefängniswelt: Die JVA ist nicht Neuschwanstein, aber das Portal unter dem unnatürlich strahlenden Himmel wirkt wie ein Gemälde, aus dem gleich der bayrische Märchenkönig hervortreten wird. Die Gefängniswärter wiederum sehen so aus, als hätten sich die Wildecker Herzbuben für einen Auftritt in einem Tim-Burton-Film verkleidet – sehr komisch. Gefängnisdirektor Ludwig (!) Moser residiert unter einem Porträt seiner selbst, hat einen gewaltigen Schnurrbart, liebt die Musik und seinen Häftlings-Chor, der Volkslieder und auch Schillers Ode an die Freude zu Beethovens Neunter zum Besten gibt. Leider wird diese hübsche Idee später dem „Cabaret“-Hit „Money“ geopfert, eine ziemlich naheliegende Wahl.

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Nicht immer eitel Sonnenschein. Ehefrau Marion (Gisela Schneeberger) möchte ihren Udo (Uwe Ochsenknecht) daheim erst wieder sehen, wenn er seine Sucht im Griff hat.

Und Udo Honig? Kann nicht singen. Uwe Ochsenknecht spielt diese Hoeneß-Parodie mit bewährter Ochsenknecht-Komik, die auch den größten Schurken ein bisschen sympathisch erscheinen lässt, hier mit ebenso angriffslustig vorgerecktem Kinn, aber weniger cholerisch als das Original. Das passt schon, zumal die Ähnlichkeit weitaus weniger künstlich hergestellt aussieht wie bei anderen Darstellern. Das Duo Janson/Ungureit zeichnet diesen Honig-Hoeneß als eine zwiespältige Figur, die schon irgendwie einsieht, einen Fehler gemacht zu haben, die sich aber mit der Reue schwer tut. „Ich bin kein schlechter Mensch!“ Das betont Udo Honig energisch. Er ist erfolgsbesessen, ein Mensch, den die Erinnerung an den verschossenen Elfmeter im EM-Finale 1976 quält und der Geld zärtlich in die Hände nimmt, „weil an jedem Schein ein bisschen Macht und Einfluss klebt“. Seine Fürsorge für Freunde ist nur eine Form der Machtausübung. Kein allzu positives Bild, doch zugleich ist Honig das Opfer seiner Sucht. Wo andere zur Flasche greifen, greift er zum Pager.

Der Film beschränkt sich, abgesehen von einigen Rückblenden, auf die Gefängniszeit, wo Honig sogleich an seinem Comeback arbeitet. Allzu viel passiert nicht, die Geschichte ist in dieser Mischung aus Knast-Comedy und Promi-Persiflage ein bisschen dünn, die Montage der Einzelteile wirkt zusammengeflickt. Udo Honig muss bei der Anstalts-Psychologin Ceylan Ataman vorsprechen, bei der seine Masche aus Bestechung und Drohung nicht verfängt. Dieses Duell ist so etwas wie der rote Faden, doch die anfängliche Spannung lässt schnell nach. Aber noch eine zweite Frau weigert sich auf ihre Art, in Honigs Team zu spielen: Seine Frau Marion, die Gisela Schneeberger in schönster Schneeberger-Manier als eigenständigen, etwas abgründigen Charakter spielt. Von diesem Part hätte man gerne mehr gesehen.

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Fernsehfilm

Sat 1

Mit Uwe Ochsenknecht, Gisela Schneeberger, Heiner Lauterbach, Shadi Hedayati, Martin Feifel, Max von Thun, Hannes Jaenicke, Wolfgang Fiereck, Peter Kremer, Wilson Gonzalez Ochsenknecht, Wolfgang Krebs

Kamera: Philipp Sichler

Szenenbild: Josef Sanktiohanser

Musik: Marcel Barsotti

Produktionsfirma: UFA Fiction

Drehbuch: Uwe Janson, David Ungureit

Regie: Uwe Janson

Quote: 2,75 Mio. Zuschauer (9,4% MA)

EA: 08.09.2015 20:15 Uhr | Sat 1

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