Die Kathedrale steht, aber die alte Holzbrücke knarrt und ächzt unter den Füßen der Händler und Besucher von Kingsbridge, wo der jährliche Wollmarkt die wichtigste Einnahmequelle ist. Der Meister der Gilde mahnt eine Verbreiterung an, zur Not bezahlt von den örtlichen Kaufleuten, doch die Priorei, die auch die Brückenrechte besitzt, will nichts von ihrem Herrschaftsanspruch abgeben. Am Ende des ersten Teils stürzt die Brücke ein, überladen vom Mob, der eine vermeintliche Hexe hängen sehen will. Die alte Welt bricht zusammen, doch die Errichtung einer neuen wird in den nächsten Folgen behindert durch die Engstirnigkeit der Mächtigen, die für ihren Krieg gegen Frankreich immer höhere Abgaben fordern, und durch die Ausbreitung der Pest, die durch den mangelnden Sinn für Hygiene begünstigt wird.
Foto: Sat 1 / Tandem Productions
Mit 46 Millionen Dollar war das Budget noch einmal um sechs Millionen höher als der Vorgänger, der angeblich in mehr als 170 Länder verkauft wurde und Sat 1 im Jahr 2010 einen Quoten-Hit beschert hatte. Einige der „Säulen“-Macher waren wieder am Werk bei dieser deutsch-kanadischen Co-Produktion. Das Drehbuch schrieb erneut der US-Amerikaner John Pielmeier („Hitler – Aufstieg des Bösen“), als Produzentin fungierte zum zweiten Mal Rola Bauer von der Münchener Firma Tandem Communications. Und wie bei den „Säulen der Erde“ wurde das Hauptset, der Markt von Kingsbridge, auf einem 20.000 Quadratmeter großen Gelände der Budapester Korda-Studios errichtet. 80 Darsteller, eine 270 Personen umfassende Crew, 7500 Komparsen und 20 eingesetzte Tierrassen listet Sat 1 im Presseheft über die Dreharbeiten im vergangenen Jahr stolz auf.
Ein „Event“ nach bewährtem Muster also, und auch wenn das Leben im Mittelalter hier farbenfroher erscheint und nicht mehr ganz so düster ausgeleuchtet wird, besteht aufgrund der Machart Verwechslungsgefahr. All diese Figuren – die kalten Herrscher und brutalen Ritter, die intriganten Mütter und stolzen Väter, die unschuldig-hübschen Mädchen und aufrichtig-tapferen Lehrburschen, die verklemmten Pfaffen und lebensklugen „Hexen“ – sie scheint man bereits zu kennen. Die internationale Besetzung hat indes gewechselt: Für etwas Star-Glanz sorgt vor allem Cynthia Nixon („Sex and the City“). Aus dem deutschsprachigen Raum spielt die Österreicherin Nora von Waldstätten die Hauptrolle der Gwenda, der Tochter eines armen Landstreichers, die sich allein durchs Leben kämpft und in einen Bauern verliebt. In weiteren Rollen sind Kostja Ullmann, André Hennicke und Hannes Jaenicke zu sehen.
Foto: Sat 1 / Tandem Productions
Auf psychologisches Feingefühl legt auch dieses mittelalterliche Fernseh-Ereignis wenig Wert. Wer hier zu den Guten, wer zu den Bösen gehört, wer in wen verliebt ist und wer sich bis aufs Blut bekämpft, das ist auf den ersten, spätestens den zweiten Blick zu erkennen. Das erleichtert immerhin die Sortierung des umfangreichen Ensembles. Das Auf und Ab der Schicksale, der Kampf der Individuen ums Überleben oder um die Macht, eingebettet in tragische oder glückliche Liebesgeschichten – das ist solides Unterhaltungs-Handwerk, üppig in Szene gesetzt. Simpel ist die Helden-Botschaft der Filme, wonach sich gesellschaftlicher Fortschritt allein durch das Talent oder die Tapferkeit Einzelner erzielen lässt.
Leider neigt die Kamera zu Voyeurismus, nutzt das Thema Heilkunst zu allerlei blutigen Nahaufnahmen und hält auch bei blanken Brüsten gerne in Großaufnahme drauf. Wer in die ganze Welt verkaufen will, kommt offenbar um diesen Spekulations-Look, wie er in amerikanischen TV-Sagas Marke „Rom“ oder „Spartacus“ mittlerweile Standard ist, nicht herum. Dass hier nicht alles mit historisch rechten Dingen zugehen muss, versteht sich von selbst, aber manche Dialoge passen das Mittelalter schon ausgesprochen plump an die heutige Sprache und gegenwärtigen Konventionen an. „Warum laufen wir nicht zusammen weg?“, fragt der romantische Liebhaber seine Liebe, die zwangsverheiratet wurde. Die Antwort klingt verdammt nach 14. Jahrhundert: „Das geht mir alles zu schnell. Ich brauche etwas Zeit.“