Die Wirtstochter Hannah Brettschneider macht sich im Jahre 1850 von München auf nach Gönningen, einer Kleinstadt auf der schwäbischen Alb. Sie will zu Helmut Kerner, mit dem sie eine leidenschaftliche Affäre hatte. Sie ist schwanger von ihm. Obwohl der älteste Sohn eines Samenhändlers einer anderen versprochen ist, entflammen erneut die Gefühle füreinander. Helmuts Mutter besteht auf die geplante Hochzeit mit Seraphine Schwarz, doch der Vater spricht ein Machtwort. „Wir Gönninger wissen, was es bedeutet, seinen Samen auszustreuen: man übernimmt die Verantwortung dafür.“ Seraphine aber gibt nicht auf. Sie verführt Helmuts kleinen Bruder, erzwingt die Heirat mit ihm, um so auch im Hause der Kerners zu wohnen und dem Manne, den sie krankhaft liebt, nahe zu sein. Wo es nur geht, schwärzt sie Hannah an, sie intrigiert und zieht die Schwiegermutter ganz auf ihre Seite. Hannah hat dafür bei ihrem Schwiegervater gute Karten. Der ist begeistert von ihrem Tatendrang und Geschäftssinn, den sie auch deshalb an den Tag legt, um endlich mit ihrem Helmut und ihrer kleinen Flora ein eigenes Heim zu bewohnen. Allerdings sabotiert Seraphine Hannahs ehrgeizige Pläne in Sachen Samenhandel. Für ihr Glück greift sie schließlich zum Giftfläschchen.
„Die Samenhändlerin“, entstanden nach dem Roman von Petra Durst-Benning, ist ein historischer Unterhaltungsfilm, in dessen Mittelpunkt eine junge Frau steht, die den gesellschaftlichen Gepflogenheiten der Zeit zum Trotz „ihren Weg geht“. Eines der beliebtesten Muster in frauenaffinen Serien und Fernsehfilmen. Die historische Wahrheit oder Wahrhaftigkeit steht eindeutig im Schatten der großen, universalen Themen, Liebe, Hass, Eifersucht, Gier, Streben nach Reichtum, Ruhm und Macht, die hier allerdings eher klein und mitunter (in den Innenraum- und Mehr-Personen-Szenen) etwas hölzern erzählt werden. Ansehnlich ist der Film von Michael Keusch, wenn er seine Geschichte auch visuell ernst nimmt: wenn Sonne und Regen, Licht und Landschaft, Pflanzen und Blumen eine klare, romantische Bildsprache entwickeln. Wenn die Menschen schweigen, wenn die Natur spricht, ist dieser ZDF-Sonntagsfilm am besten – und wenn Henriette Richter-Röhl ihren Blick schweifen lässt und die Bilder der sinnlichen Natur und farbenfrohen Flora mit ihrem Liebreiz beseelt. Ihr Talent, vermeintlichen Kitsch in kleinste emotionale Momente zu zerlegen, aus kaum hörbar hin gehauchten Worten, aus Augen-Blicken des So-Seins, die nicht bedeutungsschwer das ganze Drama mitschleppen, hat bereits den Melodram-Vierteiler „Wilde Wellen“ vor allzu prätentiöser Schicksalhaftigkeit bewahrt. Sie ist die ideale Darstellerin für die „Erfrischung“ jener leicht abgestanden wirkenden Genres.
Die Omnipräsenz der Hauptdarstellerin, die einhergeht mit den Allein-Gängen der Heldin, hat auch ihre Schattenseiten. Ein richtiges Melodram kommt nie in Gang, da Vieles nur verkleidet wirkt, die Handlungsbögen schwach ausgespielt und die männlichen Figuren konturlos sind. Allein die Gegenspielerin Seraphine sorgt für dramatische Züge („Ich werde Helmut nie loslassen, niemals, er ist mein.“). Alle Figuren außer der Titelheldin sind Funktionsträger. Alle Schauspieler finden sich brav in ihre Rollen und Kostüme – besonders Nico Rogner als Helmut Kerner bleibt blass. So geht es letztlich weniger um wahre Liebe, um Eifersucht, Neid oder Hass, als um die Behauptung jener Gefühle. „Die Samenhändlerin“ ist dennoch ein prächtiger Bilderbogen, der nichts wäre ohne seine bezaubernde Hauptdarstellerin.