Eine Realschule in einer deutschen Kleinstadt. Der erste Schultag nach den Sommerferien. Andrea Liebnitz hat im Urlaub einen Entschluss gefasst: Sie will ihren Beruf nach 15 Jahren aufgeben. Katja, ihre Kollegin und beste Freundin, will mit „Drea“ noch einmal über ihre geplante Kündigung reden. Unkonventionell wie sie ist, beschließt Katja mit ihrer Freundin einen Klassentausch für die erste bzw. die letzte Unterrichtsstunde. Gut gelaunt betritt die Lehrerin das Klassenzimmer. Ein letztes Lächeln für Andrea. Wenig später fällt ein Schuss.
Autorin Laila Stieler über Opfer, Täter und Alltag im Film:
„Der Alltag an einer Schule, das ist der Boden, aus dem die Filmhandlung wächst. Oft erscheint uns der Alltag als etwas eher Graues, Beliebiges. Hier aber wird dieser Alltag etwas Erstrebenswertes.
Täter stehen sehr oft im Mittelpunkt in den Medien oder auch in fiktiven Geschichten. Im Gegensatz zu den Opfern. Deshalb habe ich die Rekonstruktion einer Tat und eines Täterprofils bewusst weggelassen, ausgeblendet.“
Foto: ZDF / Arte / Christoph Assmann
Getroffen wurde ausgerechnet die beliebteste Lehrerin der Schule. Ein Problemschüler ist zum Amokschützen geworden. Katja fällt ins Koma. Die Ärzte geben ihr keine große Überlebenschance. Die Freundin sitzt als Einzige jeden Tag am Krankenbett. „Drea“ spricht mit Katja, streitet mit ihr, indem sie die Gegenreden ihrer eigenwilligen Freundin imaginiert. Ist es nur ihre Art, mit dem tragischen Vorfall fertig zu werden? Oder ist es eine ungesunde Art der Verdrängung, die sie geradewegs in ein Trauma führt? Ein Psychologe versucht, ihr Beistand zu geben. In der Schule ist Andrea engagiert wie nie zuvor. Sie hat die traumatisierte Klasse der Freundin übernommen. Indem sie sich an Katjas unorthodoxen Methoden orientiert und mit den Schülern einen Schulgarten anlegt, kommt sie der Klasse Tag für Tag näher.
Schüler und Lehrer im Schock-Zustand. Ausgerechnet eine Lehrerin, der das Unterrichten seit Jahren schwer fällt und die kurz vorm Burn-Out steht, sorgt dafür, dass die Kinder wieder an den Schulalltag herangeführt werden. Sie selbst kehrt ganz zuletzt in die „Normalität“ zurück. „Als Lehrerin muss man immer Sieger sein“, diesen Satz ihrer Mutter, die auch Lehrerin war, verwirft sie als erstes. Dann erinnert sie sich der Lebensfreude und Hoffnung ihrer Freundin. Aber erst nachdem sie bereit ist, sich ihrer Trauer und ihrer Schuldgefühle zu stellen, greift die eigene (Selbst-)Therapie… „Die Lehrerin“ nimmt sich der Opfer an, der Traumatisierten. Die Perspektive des Täters bleibt ausgeblendet, Autorin Laila Stieler („Die Polizistin“) verzichtet in ihrer Geschichte auch auf polizeiliche Ermittlungen. Auch aus dem Umstand, dass es die antiautoritäre Lehrerin „erwischt“, werden keine falschen Schlüsse gezogen und nicht der konservativer Erziehung das Wort geredet. Der Film bleibt konsequent bei der Hauptfigur, durchdringt deren Psyche – und lässt sie am Ende wieder lächeln.
Anna Loos spielt die Lehrerin am Rande des Nervenzusammenbruchs. Die Tragik verlangt ihrer Mimik einiges ab. Die Rückblenden mit der strahlenden Katja alias Meret Becker halten die Balance und bewahren den Film nach dem Schuss und dem Schock vor dem seelischen Jammertal. Später ist es dann die überbordende Vitalität der jetzt im Koma Liegenden, die auf die Schüler und die Kollegin überspringt. Die Traumatisierten lernen durch das Hauptopfer der Amok-Tat, wieder zu leben. Das gibt dem Seelendrama Sinn, Tiefe & eine versöhnliche Note.