Siegmar und Margret haben sich nicht mehr viel zu sagen. Das war nicht immer so. Vor sieben Jahren lernten sie sich kennen. Sie waren sich sympathisch und die Angst vor dem Alter machte aus den beiden ein Paar. Doch die Missverständnisse häuften sich. Beide haben über sechs Jahrzehnte in unterschiedlichen Welten gelebt – sie eine echte Bourgeoise, er ein einfacher Handwerker. Immer wieder war es die Katze, die Siegmar mit in die Ehe brachte, die die beiden aneinander geraten ließ. Jetzt ist sie tot – und das Schweigen ist ins Haus seiner einst betuchten Gattin eingekehrt. Stumme Vorwürfe im Raum, Verachtung in den Gesichtern.
„Die Katze“ nach einer Erzählung von Georges Simenon ist ein Dankeschön des NDR an Götz George anlässlich seines Siebzigsten. Eine Kommunikationsstudie, ein Kammerspiel für zwei Personen, das weitgehend getragen wird vom Dialog – „das ist ein Geschenk in der Eintönigkeit des Fernsehgeschäfts“, meint denn auch George selbst. Seit Jahren spielt er alles – mehr oder weniger mit links. „Die Katze“ wird den Edel-Mimen nicht vor größere Probleme gestellt haben, aber etwas mehr Gedanken über Rolle und Tonlage als gewohnt hat sich der routinierte „Vieldreher“ hierfür schon gemacht, wie Regisseur Kaspar Heidelbach im Vorfeld andeutete. Kein Wunder, ein Stück psychologische Weltliteratur, bereits hochkarätig mit Jean Gabin und Simone Signoret verfilmt – so etwas verpflichtet, auch wenn George diesen Film aus den 70er Jahren „ziemlich eintönig, beinahe langweilig erzählt“ fand. Das Drehbuch vom dreifachen Grimme-Preisträger Daniel Nocke („Duell in der Nacht“, „Familienkreise“) und die von Heidelbach noch forcierte Rückblendentechnik überzeugten ihn dagegen sehr.
Foto: NDR / Susanne Dittmann
Ohne Kaspar Heidelbach wäre es nie zu diesem Film gekommen. Der Regisseur, der sonst eher auf Krimi oder Event-Action („Der Untergang der Pamir“) spezialisiert ist, ging schon jahrelang schwanger mit dem Projekt, doch komplizierte Text- und Remake-Rechte verzögerten die Realisierung. Götz George und Hannelore Hoger standen als Hauptdarsteller früh fest, ebenso wie die Überlegung, sich von den Vorlagen zu lösen: „Vor allem der Film war uns zu eindeutig“, so Heidelbach. Im Buch wie im französischen Kinofilm gab es eindeutige Schuldzuweisungen. „Die Vorstellung, dass alles auch ein riesiges Missverständnis sein könnte, finde ich spannender.“ Eine dramaturgisch weise Entscheidung: denn so entwickelt der Zuschauer statt Aggressionen gegen eine der Figuren sehr viel komplexere Gefühle. Auch die gemäßigte Verschachtelung der Handlung, bei der die Rückblende quasi die Geschichte einholt, entspricht nicht nur den modernen Sehgewohnheiten, sondern sie tut auch der Vielschichtigkeit des Erzählten gut. Die Montage bringt Dynamik in die einsilbige Beziehung und fordert vom Zuschauer kreatives Mitdenken. Diesen Montage-intensiven Stil konnte Heidelbach sich leisten, weil er mehr Schnitttage hatte als zuletzt beim „Tatort“.
Anders in der Fernsehfassung ist auch das Ambiente. Die Geschichte spielt in Kiel und die unterschiedlichen sozialen Milieus, aus denen die Helden kommen, eine nicht unwesentliche Rolle. „Mich haben vor allem auch die Selbstbilder der Figuren interessiert“, sagt Nocke. „Siegmar hält nicht viel von sich selbst“, charakterisiert George seine Figur. Margret ist umso selbstbewusster. Eine unheilvolle Verbindung, die sich im Schicksal der Katze widerspiegelt. Sie ist der Katalysator in einem tragischen Katz-und-Maus-Spiel. (Text-Stand: 23.7.2008)