Am Strand von St. Peter-Ording ist eine Leiche angespült worden. Eine Zwangsprostituierte. In der Speiseröhre der Toten steckt ein Zettel – mit der Handynummer des Berliner Polit-Talkmasters Karl Kress. Also macht sich die Husumer Kommissarin Nora Jaspers auf in die Hauptstadt. Als ihr der Fall von einem hochrangigen LKA-Mann entzogen wird, ermittelt sie weiter – auch in eigener Sache. Jaspers findet heraus, dass Kress, dem sie bei einem Mordanschlag das Leben rettet, die Tote als Informantin benutzt hat, um den populistischen Polizeipräsidenten Kolberg, der mit seiner neuen Partei die etablierten Politiker rechts überholen möchte, in seiner TV-Sendung vorführen zu können. Kress, selbst eifriger Prostituiertengänger, besitzt offenbar Material, das Kolbergs „geschäftlichen“ Kontakte mit der russischen Mafia beweist. Was keiner weiß: Nora Jaspers ist die Tochter von Michael Kolberg. Das bringt eine besonders delikate Note in den Zweikampf der machtbeseelten Alphamännchen. Ist Noras Vater jetzt nicht mehr nur charakterlos, sondern ein Krimineller?!
Berlin ist ein Sündenpfuhl, wie er in vielen Drehbüchern steht: Korruption, Gier und Heuchelei beherrschen das politische Klima, Menschenhandel und Auftragskiller bestimmen das Stadtbild und die Macht der Eitelkeit treibt den Einzelnen an. Niki Stein präsentiert in „Die Frau aus dem Meer“ seine Gesellschafts- und Medienkritik im Genre-Gewand – als Thriller und Familiendrama. Das ist spannend, dramaturgisch nicht allzu feinsinnig und plottechnisch dick aufgetragen. Dafür stimmen die Charaktere: ob Hanns Zischlers Hardliner oder Ulrich Tukurs Mediendompteur – die kleinen Nuancen sind es, die aus dieser vermeintlichen Polit-Kolportagestory dann doch einen achtbaren Korruptionskrimi machen. Diese Nuancen im Spiel der beiden Hochkaräter ergeben – so sieht es auch Stein selbst – „eine Vielschichtigkeit, die wir im richtigen Leben meist vermissen, aber ohne die das Drama nicht auskommt“. Aber auch andere Nuancen machen den Unterschied aus zwischen „Die Frau aus dem Meer“ und einem x-beliebigen ZDF-Montagsthriller: Kamera, Schnitt, Musik – alles überaus präzise.