Die drei Königskinder

Erlebach, Neuhauser, Clemens/Miersch, Frank Stoye. Für Filmanfänger geeignet

Foto: SWR / Patricia Neligan
Foto Tilmann P. Gangloff

Die Geschichte über die „Drei Königskinder“ (SWR / kurhaus) ist eine weichgespülte Version des einst von Johann Wilhelm Wolf aufgeschriebenen Originals. In der Fassung des Märchensammlers hat eine böse Königinmutter die Kinder ihrer verhassten Schwiegertochter beseitigt und den schockierten Eltern erzählt, es habe sich um „abscheuliche Missgeburten“ gehandelt. In der familienfreundlichen Fernsehversion hat die Schwiegertochter angeblich drei Hunde zur Welt gebracht. Natürlich haben die Kinder überlebt, sind bei guten Menschen aufgewachsen und sorgen nach allerlei Abenteuern für die Wiedervereinigung der Familie. Die Umsetzung ist dank der braven Musik und der unauffälligen Bildgestaltung etwas altbacken, optisch eindrucksvolle Momente sind rar. Und auch die Spannung hält sich in Grenzen.

Viele Märchen sind düster und grausam, und keineswegs alle enden mit dem erlösenden Satz „Und wenn sie nicht gestorben sind…“; manche münden auch in Tod und Verderben. Für „Die drei Königskinder“ von Johann Wilhelm Wolf gilt das nicht, die Geschichte hat ein echtes Happy End; das ist schon mal eine gute Voraussetzung, um als Vorlage für eins der familienfreundlichen ARD-Märchen („Sechs auf einen Streich“) im Weihnachtsprogramm in Frage zu kommen. Wolfs Auftakt ist allerdings ziemlich finster, zumal der Sammler deutscher Hausmärchen eine Ausdrucksweise pflegt, die ihn heute umgehend zum Ziel eines veritablen Shitstorms machen würde. Kein Wunder, dass sich die Drehbuchautorinnen Silja Clemens und Barbara Miersch lieber auf die weniger furchtbare Version Wilhelm Buschs berufen.

Der Handlungskern ist jedoch erhalten geblieben: Ein schmucker Königssohn hat sich in das einfache Bauernmädchen Marie verliebt. Er setzt sich über den Willen seiner gestrengen Mutter hinweg und heiratet Marie. Nun will die alte Königin zumindest verhindern, dass die Nachkommen eines Tages den Thron besteigen. Bei Wolf lässt sie die ersten beiden Babys verschwinden und erklärt ihrem schockierten Sohn, es habe sich um „abscheuliche Missgeburten“ gehandelt, die keinem Menschen ähnlich gesehen hätten und gleich vergraben worden seien. Das dritte Kind tauscht sie gegen eine zur gleichen Zeit geborene „hässliche Missgeburt“ aus. Daraufhin verbannt der König seine Frau in den hintersten Winkel des königlichen Gartens. In der familienfreundlichen Fernsehversion hat die Schwiegertochter angeblich drei Hunde zur Welt gebracht.

Zum Märchen wird die Geschichte, weil die drei Kinder selbstredend überlebt haben: Die Königin (Adele Neuhaus) beauftragt einen Jäger (Rüdiger Vogler), die Babys zu ermorden, aber weil er das nicht übers Herz bringt, landen sie schließlich bei einem herzensguten kinderlosen Ehepaar (Sonsee Neu, Adam Bousdoukos). Als die Alte erfährt, dass die Brut noch lebt, sorgt sie dafür, dass sich die Kinder nacheinander auf eine Wanderschaft ohne Wiederkehr begeben; bei Wolf erstarren sie zu Salzsäulen, im Film verwandeln sie sich in Felsbrocken. Die Autorinnen haben allerdings die Geschlechterfolge vertauscht: In der Vorlage rettet ein Bruder seine beiden Schwestern, im Film ist es die zwölfjährige Lotte (Hedda Erlebach), die dank ihrer größeren Klugheit die beiden älteren Brüder (Maximilian Ehrenreich, Caspar Krzysch) befreien kann. Das ist auch gut so; im Kinderfernsehen gibt es nach wie vor viel zu wenige starke Mädchenfiguren.

Die drei KönigskinderFoto: SWR / Patricia Neligan
Die Befürchtungen der bösen Königinmutter Eliza (trägt ziemlich dick auf: Adele Neuhauser) bewahrheiten sich – sie entdeckt die drei Königskinder quicklebendig.

Die Umsetzung ist dagegen auch dank der braven Musik (Mathias Rehfeldt) und der unauffälligen Bildgestaltung (Patrick Popow) etwas altbacken. Optisch eindrucksvolle Momente wie der Auftakt, als das knallige Rot des Hausmantels der Königin einen reizvollen Kontrast zum fast in Schwarzweiß gefilmten Jäger bildet, sind rar. Frank Stoye hat bereits den letztjährigen ZDF-Märchenfilm „Der süße Brei“ eher gediegen inszeniert; da war seine mutige Variation von Goethes „Zauberlehrling“ (2017, ZDF) sowie das zuvor entstandene ARD-Märchen „Nussknacker und Mausekönig“ (2015) deutlich sehenswerter. Diese beiden Filme sind nach Drehbüchern von Anja Kömmerling und Thomas Brinx entstanden. Das Duo ist bekannt dafür, Märchen erfolgreich gegen den Strich zu bürsten; ein Kompliment, das sich der Adaption von „Die drei Königskinder“ beim besten Willen nicht machen lässt.

Immerhin sind gerade die jungen Darsteller gut geführt, und auch die in Rückblenden erzählte Romanze ist von Florian Stetter und Friederike Becht schön gespielt. Ausgerechnet die erfahrene Adele Neuhaus trägt jedoch zu dick auf, weil sie ihre Rolle offenkundig als Prototyp der bösen Schwiegermutter anlegen wollte. Ordentlich sind auch die Spezialeffekte. Die alte Königin hat die Kinder zu einem Zauberberg geschickt, weil es dort einen Vogel gibt, der ihnen sagen kann, wer ihre wahren Eltern sind. Die Höhle mit dem Eingang zum Zauberberg ist durch eine transparente Wand versperrt, die nur Kinder passieren lässt, weshalb Adam Bousdoukos ein bisschen für Slapstick-Heiterkeit sorgen darf, als der Ziehvater wieder und wieder versucht, die Wand zu durchdringen. Kurz vorm Happy End, als sich die Kinder ihrem Erzeuger zu erkennen gegeben haben, befreien sie schließlich auch die verzauberte Marie. Wie es dem König gelungen ist, durch die Höhle zu kommen, verrät der Film nicht. Dafür endet er mit einem etwas billigen Gag: Am Ende sitzt sich die alte Königin nicht nur im Kerker, sie muss sich auch noch von einer Taube auf den Kopf kacken lassen. (Text-Stand: 28.11.2019)

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Reihe

SWR

Mit Hedda Erlebach, Adele Neuhauser, Maximilian Ehrenreich, Caspar Krzysch, Florian Stetter, Adam Bousdoukos, Sonsee Neu, Friederike Becht, Rüdiger Vogler

Kamera: Patrick Popow

Szenenbild: Oliver Munck

Kostüm: Bettina Marx

Schnitt: Monika Schindler

Musik: Mathias Rehfeldt

Redaktion: Stefanie von Ehrenstein, Lene Neckel

Produktionsfirma: kurhaus production

Produktion: Christoph Holthof, Daniel Reich

Drehbuch: Silja Clemens, Barbara Miersch – Vorlage: Johann Wilhelm Wolf

Regie: Frank Stoye

EA: 25.12.2019 13:55 Uhr | ARD

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