Der Tote am Teich

Josef Hader, Maria Hofstätter, Nikolaus Leytner. Das Milieu bestimmt die Gangart

Foto: ORF / Petro Domenigg
Foto Rainer Tittelbach

Grimme-Preisträger Nikolaus Leytner erzählt in „Der Tote am Teich“ nach dem Drehbuch von Susanne Freund einen lakonischen Winterkrimi. Es ist ein klassischer Whodunit, filmsprachlich unauffällig, dafür mit reizvollen, urigen Charakteren und zwei großartigen Hauptdarstellern, die eine mehrdeutige Note ins grundentspannte, auf Distanz statt Emotionen setzende Spiel bringen. Dieser ORF-Heimatkrimi ist trotz kernigem Dialekt – dank der Untertitelung – auch für Nordlichter verständlich. Kein Ösi-Meilenstein, aber wer Ruhe und  Sympathie für den oberösterreichischen Menschenschlag mitbringt, wird Freude haben.

Ein Ort im Böhmerwald, Oberösterreich. Die winterliche Idylle trügt. Auf dem Dorfteich liegt ein Toter. Erschlagen – vorher vergiftet, wie sich später herausstellen wird. Doppelt hält besser. Der Tote ist ein Urlauber aus Linz, ein Geschäftsmann (Philipp Hochmair). Entdeckt hat ihn ausgerechnet der frühpensionierte Polizist Sepp Ahorner (Josef Hader). Der wird bald wieder ganz von seiner Ermittlerleidenschaft gepackt. Offiziell sind die Frau Majorin Öller (Maria Hofstätter) und ihre junge Kollegin Lisa Nemeth (Miriam Fussenegger) mit dem Fall befasst, doch den auswärtigen Polizistinnen wird ihre Arbeit nicht leicht gemacht. Allein Ahorner, der nach dem Unfalltod seiner Frau und seiner Tochter wieder bei seiner Mutter (Erni Mangold) wohnt, erbringt sachdienliche Hinweise. Und so involviert Öller, die sich mit ihren Methoden im Dorf wenig Freunde macht, den Ex-Kollegen zunehmend mit in den Fall. Durch sein Zutun wird als erstes ein Feriengast aus Wien verhaftet, dann der Dorfwirt und schließlich gerät Ahorner selbst unter Verdacht. Doch der lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Selbst als die Spuren in die eigene Familie führen, ermittelt er stur weiter.

zur Person: Die Bühnen- und Filmschauspielerin Maria Hofstätter, geb. 1964 in Linz, wurde bekannt durch ihre Rollen in Ulrich Seidls „bösen“ Filmen, allen voran „Hundstage“ und „Paradies: Glaube“. Außerdem spielte sie in „Die Hebamme – Auf Leben und Tod“ und in Schalkos ORF-Serie „Braunschlag“.

Der Tote am TeichFoto: ORF / Petro Domenigg
Zwei Weibsleut von außerhalb ermitteln. Das sehen die Mannsbilder nicht gern – und sagen nicht viel. Majorin Öller (Maria Hofstätter) hat seltsame Methoden. Ihre junge Kollegin (Miriam Fussenegger) verdächtigt den pensionierten Dorfpolizisten.

„Der Tote am Teich“ ist nach „Wenn du wüsstest, wie schön es hier ist“ der zweite ORF-Heimatkrimi, den Arte ausstrahlt. Grimme-Preisträger Nikolaus Leytner („Ein halbes Leben“) erzählt nach dem Drehbuch von Susanne Freund einen lakonischen Winterkrimi: ein klassischer Whodunit, filmsprachlich – im Gegensatz zu Prochaskas Film – ziemlich unauffällig. Dafür sind die Charaktere von nicht geringem Reiz, und die Hauptdarsteller, Josef Hader als Ex-Polizist mit Leib und Seele und Maria Hofstätter als „Columbine“, bringen eine mehrdeutige Note ins Spiel. Dazu gibt es Miriam Fussnegger als Emma-Watson-liker Hingucker, Erni Mangold als höchst skurrile Alte und eine Vielzahl an vor allem optisch beeindruckenden Nebenrollen: herbe und derbe Gesichter, die Frauen abgearbeitet, die Männer eher feist – und die Schauspieler hierzulande allesamt unbeschriebene Blätter. Dieser Krimi fußt auf Szenen, in denen Menschen miteinander kommunizieren – dennoch machen die Figuren nicht viele Worte. Keiner gibt viel von sich preis, Gefühle zeigt erst recht keiner her. Dadurch entsteht ein Krimi, bei dem der Zuschauer als stiller Beobachter ins Spiel kommt.

Und es gibt auch jenseits der Krimihandlung Kleines und Feines zu entdecken: von der still gelegten, völlig zugerümpelten Polizeistation (überhaupt, ein Lob dem Szenenbild!), die provisorisch wieder eröffnet wird, über das närrische Fasnachtstreiben, die männlichen Kneipenrituale, ein Kater als Projektionsfläche für die Sympathie zwischen Ex-Ermittler der Frau Majorin bis hin zu den Spielchen zwischen den rustikalen Dorf-Machos und den trinkfesten Polizistinnen („Lassen’s uns noch einen trinken gehen“). Markant auch immer wieder die engen Zimmer, in denen die Wände Ohren haben. Alles kommt alltagsnah und wenig aufregend daher, ist für deutsche Fernsehfilm-Verhältnisse mit großer Distanz zum Geschehen inszeniert und entspannt anzuschauen. Um „Der Tote am Teich“ goutieren zu können, sollte man allerdings schon ein wenig Sympathie mitbringen für diesen urigen oberösterreichischen Menschenschlag, deren Dialekt nicht nur kernig klingt, sondern dank Untertiteln auch für deutsche Nordlichter verständlich ist. (Text-Stand: 30.3.2016)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Reihe

Arte, ORF

Mit Josef Hader, Maria Hofstätter, Erni Mangold, Miriam Fussenegger. Karola Niederhuber, Susanne Gschwendtner, Thomas Reisinger, Martina Spitzer, Wiltrud Schreiner, Philipp Hochmair

Kamera: Hermann Dunzendorfer

Schnitt: Karin Hartusch

Musik: Matthias Weber

Produktionsfirma: Lotus Film

Drehbuch: Susanne Freund

Regie: Nikolaus Leytner

Quote: ZDF (2019): 3,59 Mio. Zuschauer (11,7% MA)

EA: 29.04.2016 20:15 Uhr | Arte

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach