Hanna ist um die 50 und lebt in einem Nest irgendwo in Thüringen. Sie wechselt ihre Jobs im Wochenrhythmus, doch Zuversicht und Begeisterungsfähigkeit hat sie nicht verloren. Sie will noch was vom Leben: am besten einen Mann, einen richtigen Mann. So einen wie Gansar, den aufregend sinnlichen Straßenverkäufer. „Ich werde dich nie vergessen“, sagt dieser nach einem leidenschaftlichen Intermezzo. Das haut sie um. Musste sie doch gerade erst den Tod ihrer Tochter verkraften. Nach so viel Liebesleid wird Hanna vernünftig und gibt dem jahrelangen Werben Knutis nach. Und der ist, was sein Name verspricht: todlangweilig. Dafür hat er einen Freund und Hanna eine beste Freundin. Dann wird eben sie glücklich!
Hanna ist die sprichwörtliche „Kleine Frau“ aus dem gleichnamigen Song der Ost-Combo Silly. Gleich zu Beginn sieht man sie bei einem Konzert der Band in Verzückung vergehen. Das ist ihr Lied und Katharina Thalbach strahlt: verführerisch, mädchenhaft, sehnsüchtig. Und diese Lust auf das Melodramatische, die große Leidenschaft, das große Abenteuer – das bewahrt sich Hanna trotz heftigster Nackenschläge. Diese Frau gewinnt rasch die Sympathie des Zuschauers, die des Ossis mehr als die des Wessis: „Der Mond und andere Liebhaber“ ist ein ostdeutscher Heimatfilm. Katharina Thalbach spielt die kleine Frau, die sich nicht unterkriegen lässt. Anders als in Böhlichs Vorgängerfilm „Du bist nicht allein“ wird sie hier nicht als Karikatur (ihrer Paraderolle) vorgeführt, sondern bekommt mehr Seelenleben: über allem schwebt optimistische Gefühlsseligkeit und wacht metaphorisch der Mond.
Ansonsten fällt das Thalbach-Vehikel gewaltig ab zu jener wunderbaren Kleine-Leute-Mär aus Marzahn. Böhlichs dramaturgische Herangehensweise an den Stoff ist ähnlich naiv wie seine Hauptfigur. Der Grimme-Preisträger klappert mit seiner Heldin Alltagssituationen ab. Das geht „im Schweinsgalopp durch die Abgründe menschlicher Gefühlslagen“ (der Freitag) und es ist mitunter entwaffnend, wie Hanna das Leben nimmt und wie Katharina Thalbach mit ihrer Rolle zu verschmelzen scheint. Aber dieser naiv abbildende Realismus ist längst nicht mehr so unschuldig; das Unkonventionelle ist längst zur Konvention geworden. Und so sind diese „sprunghaften“ Lebensausschnitte der kleinen Leute nicht weniger vorhersehbar als die aus der TV-Unterhaltung hinlänglich bekannten Eine-Frau-geht-ihren-Weg-Situationen. Der Befindlichkeits-Schmus aus dem Osten ist zwar lebenskluger als der Degeto-Kitsch von der Sonnenseite des Lebens, die 90 Minuten werden dennoch lang ohne eine Geschichte. Böhlich hat in „Der Mond und andere Liebhaber“ nicht mehr verfilmt als einen Song, eine Stimmung, eine Befindlichkeit. Das macht den Film andererseits wieder ungemein sympathisch.