Der Liebhaber meiner Frau

Kohlund, von Borsody, Sittler, Dwyer, Brée, Kummer. Gelegenheit macht Liebe

Foto: Degeto / Thorsten Jander
Foto Tilmann P. Gangloff

Weil der Gatte sie schon geraume Zeit nicht mehr wahrnimmt, legt sich eine Frau nach 40 Ehejahren dem Anschein nach einen Liebhaber zu. Ihr Mann wird in der Tat eifersüchtig, aber als sich die gespielte Zuneigung unversehens in echte Gefühle wandelt, entwickelt sich die Scharade in eine ganz andere Richtung als geplant. Dank der drei Hauptdarsteller Christian Kohlund, Walter Sittler und Suzanne von Borsody ist „Der Liebhaber meiner Frau“ (Degeto / Letterbox) zwar keine Zeitverschwendung, aber der für seine scharfzüngigen Dialoge bekannte Drehbuchautor Uli Brée hat schon ungleich bissigere Geschichten erzählt. Die Umsetzung durch Dirk Kummer ist zudem viel zu harmlos und äußerst tempoarm.

In früheren Jahren, als die Freitagsfilme im „Ersten“ bei Kritikern als „Süßstoffoffensive“ galten, gehörte Christian Kohlund zum festen Personal dieses von der ARD-Tochter Degeto verantworteten Sendeplatzes. In der Reihe „Traumhotel“, dem „Traumschiff“-Pendant der ARD, durfte er sich als Hotelmanager an exotischen Schauplätzen tummeln und allerlei kleine und große Dramen zu einem guten Ende führen. Zwischenzeitlich war der Schweizer gar eine Art männliches Pendant zu Christine Neubauer, die in den Degeto-Produktionen jahrelang so etwas wie eine Besetzungsgarantie hatte. Das änderte sich, als sich eine neue Leitung der ARD-Tochter ab 2011 radikal von alten Zöpfen trennte. Kohlund erlebte zwar mit den ARD-Donnerstagskrimis aus Zürich ein Comeback, aber diese Filme stehen naturgemäß für eine ganz andere Programmfarbe. Mit „Der Liebhaber meiner Frau“ kehren beide, Schauspieler und Auftraggeber, zum einstigen Muster zurück, als die Welt in den Geschichten vorübergehend in Unordnung geriet, am Ende aber garantiert wieder heil war.

​Soundtrack: Udo Lindenberg („Ein Herz kann man nicht reparieren“), Audrey Hepburn („Moon River“), Ronnie Spector („There Is An End“)

Der Liebhaber meiner FrauFoto: Degeto / Thorsten Jander
Georg (Christian Kohlund) und Alex (Walter Sittler) konkurrieren um Christine (Suzanne von Borsody). „Ein Herz kann man nicht reparieren.“ Oder vielleicht doch? Drehbuchautor Uli Brée („Vorstadtweiber“) textet diesmal auf ironischer Sparflamme.

Dabei beginnt die Komödie durchaus dramatisch: Kleinstadtbürgermeister Georg Fischer (Kohlund) legt nach langer Amtszeit schweren Herzens sein Amt nieder. Dass er in der Dankesrede zwar ausdrücklich seine Sekretärin, nicht jedoch Ehefrau Christine (Suzanne von Borsody) erwähnt, sorgt bei der Gattin für Verstimmung, passt aber ins Bild: Sie hat ohnehin das Gefühl, dass er sie und ihre Bedürfnisse nach fast vierzig Ehejahren längst nicht mehr wahrnimmt. Sinnbild hierfür ist der gemeinsame sonntägliche Besuch in einem Steakhaus; dabei ist sie schon seit geraumer Zeit Vegetarierin. Damit Georg endlich mit dem Rauchen aufhört, will er nach dem Ende der politischen Laufbahn in einer Klinik eine Entwöhnungskur antreten. Kurz vor der Abreise wird sein intaktes Weltbild durch 40 rote Rosen erschüttert: Christine hat offenbar einen Verehrer, der seine innige Grußkarte jedoch nur mit „A.“ signiert hat. In der Kurklinik trifft Georg auf einen Therapeuten, der ihn mit unverhohlener Befriedigung piesackt. Der Mann heißt Alexander (Walter Sittler), ist frisch verliebt und zeigt Georg in einem vertraulichen Moment ein Foto seines späten Glücks: Christine.

Leider lässt Regisseur Dirk Kummer die Katze viel zu früh aus dem Sack, was die Freude an der Geschichte erheblich trübt: Die Romanze ist eine geschickt eingefädelte Scharade. Alex ist ein Schulfreund von Christine und soll dafür sorgen, dass Georg eifersüchtig wird und um seine Frau kämpft. Der weitere Verlauf der Handlung legt jedoch die Vermutung nahe, dass die vorzeitige Auflösung womöglich nicht im Sinn von Drehbuchautor Uli Brée war. Ausgerechnet Walter Sittler, der seine Titelfigur in der ZDF-Krimireihe „Der Kommissar und das Meer“ sehr sparsam anlegt, sorgt hier mit seinem Spiel dafür, dass Alex’ Absichten viel zu früh durchschaubar sind. Die weitere Entwicklung der Handlung ist dann ohnehin keine Überraschung mehr und orientiert sich am Muster vieler romantischer Komödien, in denen aus vorgetäuschter Zuneigung echte Gefühle werden – Gelegenheit macht Liebe.

Der Liebhaber meiner FrauFoto: Degeto / Thorsten Jander
Wie die kleinen Jungs. Die Silberlocken werden zu Rivalen. Christian Kohlund & Walter Sittler in „Der Liebhaber meiner Frau“

Von dieser Vorhersehbarkeit abgesehen weckt der Name Brée zudem Erwartungen, denen „Der Liebhaber meiner Frau“ allenfalls im Ansatz gerecht wird. Der deutsche Autor („Spätzünder“), der seit vielen Jahren in Österreich lebt und unter anderem die Vorlagen für die boshafte ORF-Serie „Vorstadtweiber“ geschrieben hat, ist bekannt für seine scharfzüngigen Dialoge; davon ist hier kaum etwas zu hören. Selbst wenn die Wortwechsel zwischen Georg, Christine und Alex teilweise durchaus amüsant sind: Da hat Brée für die Degeto schon ganz andere Drehbücher geschrieben („Mein Schwiegervater, der Stinkstiefel“). Beinahe interessanter als die drei Hauptfiguren ist zudem Mara (Alice Dwyer), die Tochter des Ehepaars, selbst wenn sich die Richterin vor allem dadurch auszeichnet, dass sie ständig ihren Sohn irgendwo vergisst. Der Film nutzt den Scheidungsprozess eines Ehepaars, das sich lautstark und schmutzig anfeindet, als Menetekel; soweit möchte es Mara bei ihren Eltern nicht kommen lassen. Da sie selbst eine Affäre hat, verzichtet sie klugerweise darauf, sich als moralische Instanz aufzuspielen, und rät ihrer Mutter schlicht: „Lass es krachen“. Das tut Christine dann auch; zumindest nach den gesitteten Maßstäben des Sendeplatzes. Die Botschaft des Films ist letztlich dennoch konservativ und widerspricht dem Titel eines Lieds von Udo Lindenberg, das den Vorspann untermalt: „Ein Herz kann man nicht reparieren“.

Zu dieser Haltung passt auch die viel zu harmlose und tempoarme Umsetzung. Dirk Kummers letzter Film, die melancholische Tragikomödie „Zuckersand“ über die tiefe Freundschaft zwischen zwei Zehnjährigen in der DDR, war um mindestens zwei Klassen besser. Immerhin ist es eine Freude, den Schauspielern zuzuschauen, zumal Kohlund und Sittler sichtbar Spaß am Schlagabtausch haben, der nicht immer nur verbal abläuft. Die Musik setzt einige ironische Ausrufezeichen, aber ansonsten sind die einzigen handwerklichen Besonderheiten die wie alte Super-8-Filme gestalteten Rückblenden in die Jugendjahre des Trios.

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Fernsehfilm

ARD Degeto

Mit Christian Kohlund, Suzanne von Borsody, Walter Sittler, Alice Dwyer, Elias Richard Siegmann, Rosa Enskat

Kamera: Andrés Marder

Szenenbild: Florian Langmaack

Kostüm: Diana Dietrich

Schnitt: Birgit Bahr

Musik: Stefan Bernheimer

Redaktion: Carolin Haasis, Sascha Schwingel

Produktionsfirma: Letterbox Filmproduktion

Produktion: Sabine Timmermann

Drehbuch: Uli Brée

Regie: Dirk Kummer

Quote: 4,26 Mio. Zuschauer (13% MA); Wh. (2021): 3,26 Mio. (11,1% MA)

EA: 06.01.2020 20:15 Uhr | ARD

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