1953, ein Schloss in Südtirol. Nach dem Tod ihres Vaters entschließt sich Erna von Gaderthurn, ein neues Leben zu beginnen und sich aus der Umklammerung der dominanten Mutter zu befreien. „Vergiss nie deine Herkunft!“ – sie kann die Ratschläge der von Standesdünkel durchdrungenen Frau nicht mehr hören. Und so macht sie sich auf in ein einsames Bergdorf ins Große Walsertal, um dort eine Stelle als Lehrerin anzutreten. Im Krieg hat sie ihren Mann verloren. Es ist an der Zeit, der Trauer ein Ende zu setzen. Erna findet schnell Kontakt und sie entwickelt bald Heimatgefühle. Und die Männer haben nur noch Augen für sie: in vorderster Reihe der Herr Baron, aber auch ihr neuer Lehrerkollege. Der eine nimmt es sehr locker mit dem Lawinenschutz auf seinen Bergwiesen; der andere kämpft leidenschaftlich für die Sicherheit im Tal. Erna hat die Wahl zwischen gemäßigter Etikette bei angenehmem Wohlstand und einer fortschrittlich aufgeklärten Haltung, gepaart mit Idealismus und Leidenschaft. Keine Frage – für wen sich diese Adlige auf neuem Lebenskurs („Wir haben alles verloren – das ‚von’ war auch dabei“) entscheiden wird. Dem Baron wird ihr gewogen bleiben, nicht zuletzt deshalb, weil sie ihn in der Lawinenschutzfrage überzeugen möchte. Er hat schließlich ein Einsehen. Aber dieses Einsehen kommt zu spät.
Im Winter 1954 sterben in jenem Bergdorf Blons 57 Menschen. Ein historisches Unglück: bis dato die größte Lawinenkatastrophe im Alpenraum. „Der Atem des Himmels“ beginnt mit Bildern der gewaltigen Kräfte, die bei einem solchen Unglück entfacht werden. Danach springt die Handlung sechs Monate zurück und zeigt, wie sich die Heldin einlebt in dem Dorf im Vorarlberg. Der österreichische Film ist ungewöhnlich erzählt, ohne dass es ein ungewöhnlicher Film wäre. Die Charaktere sind dem Genre des klassischen Heimatfilms verpflichtet und bleiben entsprechend grob gezeichnet. Die Dramaturgie besitzt dagegen kaum etwas von der dramatischen Wucht des Genres. Fast ein wenig beliebig werden die für ein Bergmelodram ungewöhnlich kurzen Szenen aneinandergereiht, was in den gelungenen Momenten einen Realismus des Augenblicks ergibt, der sich emanzipiert von der final gesteuerten Geschichte. Umso auffälliger, dass die Situationen nicht in die Tiefe der Charaktere vordringen und dass sich aus ihnen keine einheitliche Tonart ergibt.
Mal mag man Ganghofer, mal den Yeti, mal die französischen Melodramen der 50er Jahre trapsen hören – zugedröhnt vom großen emotionalen Soundgewitter der TV-Neuzeit. Hier war der Wille zu groß, der Romanvorlage gerecht zu werden, die bereits dem Leben einer realen Person gerecht werden musste, und zu gering das filmästhetische Vermögen, einen Roman ins visuelle Medium zu übertragen. Immer wieder muss die Ich-Erzählerin ungelenk ins Spiel gebracht werden. „Der Atem des Himmels“ ist ein Film, dem der (sinnliche) Atem fehlt. Die Geschichte fließt nicht. Schade – denn es ist ein toller Stoff. Vielleicht hätte sich Reinhold Bilgeri (Roman, Drehbuch, Regie, Produktion) doch „Verstärkung“ für sein 4,5-Millionen-Euro-Herzensprojekt holen sollen. Einen erfahrenen Drehbuchschreiber als Ko-Autoren beispielsweise und einen stilsicheren Regisseur wie Xaver Schwarzenberger.