„Wenn Franziska ein bisschen jünger wäre, würde sie heftig auf einen Flirt bestehen, würde versuchen, die Kluft zwischen Chef und Angestelltem zu überwinden“, äußert sich Katharina Thalbach im Sat-1-Presseheft zu „Deadline – Jede Sekunde zählt“. Sie spielt eine Kriminaldirektorin und Heio von Stetten einen Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams der Berliner Polizei, das der biestigen Franziska Friedmann unterstellt ist. Mit der renommierten Thalbach lässt sich punkten, aber der Verzicht auf die Möglichkeit einer latenten erotischen Spannung zwischen Boss und Mitarbeiter ist ein dramaturgischer Verlust.
Autor Johannes W. Betz hatte sich das auch ein bisschen anders gedacht. Katja Riemann sollte in der 13-teiligen Serie den Part der eisernen Lady übernehmen, aber sie überwarf sich mit der Produktionsfirma. So gut Katharina Thalbach auch sein kann, in Folge 1 von „Deadline“ nervt ihre Kripo-Domina gehörig. Außerdem ist auch die wenig einladende Zentrale, in der Franziska Friedmann sich meistens aufhält, nicht unbedingt ein Meisterstück der Ausstattung. Ganz anders die Szenen vor Ort. Mit dem US-Serien-geschulten Sinn für Psychologie und multiperspektivisches Erzählen nähern sich die Macher der auf Tempo setzenden Handlung an. Die Helden sind keine klassischen Ermittler, sondern psychologische Krisen-Manager.
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Zum Auftakt geht es um einen ganz „normalen“ Mann, der durchdreht, weil seine Frau ihn auf unschöne Weise abserviert hat und ihm den eigenen Sohn zu entfremden versucht. Der Mann entführt einen Bus, nimmt die Fahrgäste als Geiseln und fordert 100.000 € binnen 30 Minuten. Ein unrealistisches Zeitlimit. Aber der Mann lässt sich auch von dem Psychologen Matthias Berg nicht von seiner Deadline abbringen. Seine Waffen sind eine Pistole und ein Benzinkanister. „Tunnelblick“ ist ein gelungener Auftakt. An Heio von Stettens Seite steht sanft und schön Sonsee Neu und der Katastrophenmann mit dem Hang zum großen Knall wird von Devid Striesow („Bella Block“) gespielt, einer, der die kleinen Gesten beherrscht.
Man hat sich einiges vorgenommen. Die amerikanischen Krimis „CSI“ oder „24“ haben es vorgemacht, das ZDF hat die modernen Muster des Erzählens mit „Der Kriminalist“ und „KDD – Kriminaldauerdienst“ öffentlich-rechtlich variiert und Sat 1 zieht nach der Serie „R.I.S. – Die Sprache der Toten“ nun mit „Deadline – Jede Sekunde zählt“ nach. Der neue Senderchef Matthias Alberti will trotz mittelprächtiger Quoten (2,2 Mio. Zuschauer für „R.I.S.“) weitermachen mit deutschen Cop-Serien. „Themen mit Wiedererkennungswert“ und „eine Machart, die jedem Vergleich standhalten kann“, das seien die Qualitätsmerkmale, die auch deutsche Krimis mit modernem Look nach einer Phase der Gewöhnung auf die Siegerstraße führen würden, ist sich Alberti sicher. (Text-Stand: 15.11.2007)
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