Das Glück einer Kleinfamilie steht auf dem Spiel. Bei einem nächtlichen Zwischenfall lassen zwei Herumtreiber die Handtasche von Ehefrau Karen mitgehen. Ihr Mann Jan kann nichts tun, muss sich sogar noch beschimpfen lassen. Durch einen Zufall stößt er noch in derselben Nacht auf einen der jungen Männer. Er verfolgt ihn – und muss mit ansehen, wie dieser auf der Flucht von einem Zug überrollt wird. Jan, der als Arzt in einer Klinik arbeitet, versucht, sich so gut wie nichts anmerken zu lassen. Nicht leicht bei einer Frau, der nichts entgeht. Dass sie schwanger ist, macht alles noch komplizierter. Jan plagen Alpträume. Bald kommt eine reale Bedrohung hinzu: Jan empfängt Videos – ein rasender Zug, das Haus der Familie, ihr Sohn vor der Schule. Und noch immer versucht Jan, alles mit sich selbst auszumachen.
„Davon willst du nichts wissen“ erzählt von der Brüchigkeit des kleinen Glücks einer wohl situierten Kleinfamilie – und der Film zeigt, wie weit ein Mann und eine Frau zu gehen bereit sind, um ihren sozialen Status Quo zu behaupten. Debütant Tim Trachte verzichtet auf jegliches Krimi-Beiwerk, bleibt ganz im Spannungsfeld der Familie. Dadurch wird der Blick geschärft für den psychologischen Subtext der Geschichte. Der Ehe-Alltag wird zu einem Spießrutenlauf. Die Familie ist bedroht, der Vater will den männlichen Beschützerpart spielen – doch es gelingt ihm nicht. Nach einem der seltenen intimen Momente zwischen dem Paar gesteht der Mann der Frau seine Schuld. „Ich wollte dich nicht beunruhigen“, sagt er kleinlaut. Die Frau will davon auch nicht behelligt werden. Sie will nur, dass alles so ist, wie es war, und sie fordert: „Ich will, dass du dafür sorgst, dass wir wieder sicher sind.“
Foto: ZDF / Heike Ulrich
In dieser Familie gibt es kein „zusammen“. Jeder werkelt vor sich hin und trifft einsame Entscheidungen – aus dem Affekt heraus. Auch so lassen sich Bedrohungen aus der Welt schaffen, doch die Ehe wird so zum Ort der Schuld. Bei Tim Trachte gibt es nicht den (amerikanischen) Helden, der das kleine Familienglück am Ende wieder herstellt. Und wie groß ist überhaupt die Bedrohung? Die beiden jungen Männer fragen wohlweislich erst einmal nur nach einer Zigarette, bevor die Situation in der dramatischen Eingangssequenz eskaliert („Bist du was Besseres?… Du Versager!“). Beide sind offenbar Russen, die am Tag ganz normal ihrer Arbeit nachgehen. Auch das russische Kindermädchen passt da gut ins Bild.
In der Geschichte spiegelt sich etwas vom Herren-und-Diener-Muster zwischen West- und Osteuropäern. „Davon willst du nichts wissen“ leuchtet dabei die Seelenlage einer deutschen Mittelstandsfamilie aus, deren besondere „Qualität“ es ist, alle möglichen Formen der Angst kultiviert zu haben. Und so muss man sich fragen: Wo hört die Projektion auf, wo fängt die wirkliche Bedrohung an? Alles nur Paranoia einer hysterischen Wohlstandsgesellschaft, die um ihre Besitzstände fürchtet? Dass der Film über all diese Fragen hinaus trotz Arthaus-Anmutung zunehmend an klassischer Spannung gewinnt, dass er handwerklich (Kamera, Schnitt, Musik, Ton, Sounddesign etc.) vorzüglich gemacht ist, dass neben den immer überzeugenden Sophie von Kessel und Alina Levshin mit Andreas Lust keines der üblichen Fernsehgesichter die männliche Hauptrolle spielt – all das macht „Davon willst du nichts wissen“ zu einem außerordentlich gelungenen Debütfilm. (Text-Stand: 5.5.2012)