Neben einem 2000 Jahre alten Skelett wird die Bedienungsanleitung einer Videokamera gefunden, die erst in einigen Jahren auf den Markt kommen soll. Für den Helden in dem packenden Pro-Sieben-Abenteuerthriller “Das Jesus Video” kann das nur heißen: vor ihm liegt ein Zeitreisender, ein Mensch aus unserer Zeit, der vor 2000 Jahren gestorben ist. Doch keine Bedienungsanleitung ohne Kamera! Und wo ist das Video? Die Jagd beginnt. Es wird ein Kräftemessen zwischen David und Goliath – zwischen Geheimdiensten, zwielichtigen Geldgebern, dem Vatikan, Archäologen und dem Studenten, der den Fund gemacht hat.
Foto: Pro Sieben / Gordon
Eine ungewöhnliche Story, die dem gleichnamigen Bestseller von Andreas Eschbach zugrunde liegt. Außergewöhnlich fürs deutsche Fernsehen ist auch der Zweiteiler von Sebastian Niemann. Das Actiondrama hetzt wie sein Held selbstbewusst durch alle möglichen Genres. “Es ist ein Mix aus Abenteuerfilm, Thriller, Science-Fiction und religiösen Motiven”, so Niemann. Der Film ist spannend und sehr stimmig gemacht. Der Vatikan bekommt sein Fett weg. “Aber niemand, der wirklich Christ ist, dürfte sich durch den Film verletzt fühlen”, betont Movie-Chefin Katrin Holetzek. Bisweilen schwingt auch Ironie mit: der unbedarfte Held als Steh-auf-Männchen. Matthias Koeberlin spielt ihn sympathisch und sehr physisch. “Er ist alles andere als ein typischer Action-Held”, sagt der Schauspieler, der bislang mit Charakterrollen auffiel. Unübersehbar sind die Parallelen zwischen den Leiden Christi und den Torturen, die der Held auf sich nimmt. “Steffen ist ständig auf dem Sprung, er flüchtet, wird angeschossen, gerät in Schlägereien, fällt aus dem Fenster und rennt durch die Wüste”, so Koeberlin. Die Nähe zu Jesus schlägt sich vor allem in der Ikonografie des Films nieder. Fast nackt stolpert der Held durch die Straßen Jerusalems. Armdurchschuss, Messerstich in den Bauch, Angriffe in Richtung Geschlecht: keine Stelle seines Körpers, die unverletzt bleibt.
Einfach war nichts bei dieser 4,5 Millionen Euro teuren Produktion. Das begann mit der Drehort-Suche. “Wir haben uns für Marokko entschieden, weil die Locations hier Israel am ähnlichsten sind und weil es ein filmerprobtes Land ist”, so Producer Simon Happ. Außerdem fand die Produktionsfirma mit Casablanca eine Stadt, die reich an Drehmotiven ist und sich sehr gut als Jerusalem verkaufen lässt. Eine sichere Bank auch für Filmteams ist die im Süden gelegene Kleinstadt Quarzazate. Hier wälzte sich “Gladiator” Russell Crowe im Wüstensand und schwitzte zuletzt Robert Redford in “Spy Game”. Der Rest war Feinarbeit. Neben dem 50-köpfigen festen Team tummelten sich bis zu 80 Stukkateure, Schreiner, Maurer, Bildhauer oder Maler an den Drehorten. Sie errichteten täuschend echt 35 Meter der Klagemauer oder verwandelten einen 20 mal 10 Meter großen Pool mit Kunststoffplatten und Gips zum Abwassersystem Jerusalems. “Oft war die Farbe noch nass, als wir die erste Klappe geschlagen haben”, schmunzelt Regisseur Niemann. Begleitet wurden die Dreharbeiten von heftigen Sandstürmen und verheerenden Regenfällen. Der erste Pool-Dreh fiel ins Wasser. Dreck war in den Pool gespült, sodass Wochen später nachgedreht werden musste.
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Die größten Erschwernisse aber bereitete die schwierige politische Lage in Palästina. Vor Drehbeginn konnten noch 20 Kisten mit Requisiten von Israel nach Marokko verschifft werden. Auch Waffen durften für den Film eingeführt werden. Dafür stand das Team dann unter permanenter Überwachung durch die marokkanische Militärarmee. Als sich nach den ersten Drehtagen der Nahost-Konflikt verschärfte, verschärften sich auch die Bedingungen am Set. “Plötzlich verbot uns das Innenministerium hebräische Schriftzüge und israelische Embleme zu verwenden oder orthodoxe Juden durchs Bild laufen zu lassen”, so Niemann. Sofort wurde der Aufwand an Aufpassern und Polizei am Drehort extrem erhöht.
Jetzt war Fingerspitzengefühl gefragt. “Wir haben darauf verzichtet, explizite israelische Armeebezeichnungen anzubringen”, so Producer Happ. Hebräische Schriftzeichen aber mussten der Glaubwürdigkeit halber sein. Und so war es ein ewiges Zukleben und Wegreißen. Sogar für die Proben wurden die Magnettafeln mit israelischen Beschriftungen abgenommen.
Wirklich gefährdet war der Dreh allerdings nie. Die Bereitschaft der marokkanischen Behörden war groß. Zwei Militärhubschrauber stellte man ebenso zur Verfügung wie ein dutzend Soldaten, die ohne Probleme als israelische Militärs vor der Kamera agierten. “Die sind schon auf die internationalen Filmproduktionen angewiesen”, kommentiert Happ das große Entgegenkommen. Seine Produktion war die erste in Marokko nach dem 11. September. “Die sagen sich: wenn schon im Augenblick nicht Hollywood kommt, dann wenigstens eine deutsche TV-Produktion.” Dass Fernsehen aber nicht Kino ist und mit anderen Budgets arbeitet – das habe man den Leuten erst klar machen müssen. Motive, Facharbeiter, Technik – das koste fast das Gleiche wie in Deutschland, so Happ. “Nicht um günstig zu drehen sind wir nach Marokko gegangen, sondern wegen der Drehorte.” Heute Abend wird der Blick des kinogeübten Zuschauers erkennen: es hat sich gelohnt. (Text-Stand: 5.12.2002)