Eine kleine Unachtsamkeit sorgt dafür, dass zwei Kinder nicht in ihren rechtmäßigen Familien aufwachsen. Erst nach neun Jahren findet Nicole durch Zufall heraus, dass Dennis nicht das Kind von ihr und ihrem Lebensgefährten Grille ist. Der Junge muss in der Klinik kurz nach der Geburt mit einem anderen Neugeborenen vertauscht worden sein. Ein Gentest bringt Gewissheit. Dennis ist in Wahrheit der Sohn von Britta und Sven Callenberg, einem Ehepaar aus der gehobenen Freiburger Mittelschicht. Während Sebastian Callenberg biologisch der Sohn von Nicole und Grille ist, einem Paar aus der Unterschicht. Die vier beschließen, alles so zu lassen, wie es ist, und die Jungs behutsam an die Wahrheit heranzuführen. Das misslingt gründlich, nachdem sich Anwalt Sven in den Kopf gesetzt hat, „seinen Sohn da rauszuholen“.
Foto: SWR / Hardy Spitz
„Das geteilte Glück“ ist mehr als ein Gedankenspiel. Von einem ähnlichen Fall las Produzentin Alicia Remirez in einer Zeitschrift. Für Autor Stefan Dähnert bot sich durch den Stoff „die Chance, vor dem Hintergrund einer populären Folie, dem Alptraum, ein vertauschtes Kind groß zu ziehen, etwas über ungleiche Lebensbedingungen von Kindern in Deutschland zu erzählen“. Für die Gerichte und das Jugendamt ist es ein Fall ohne Erfahrungswerte. Dass sich ein solches familienübergreifendes, emotionales Dilemma nicht mit dem Buchstaben des Gesetzes regeln lässt – versteht sich von selbst. Die beiden Jungs haben im Grunde vier Eltern und die Eltern haben zwei Kinder. Die Situation lässt sich nur „kommunikativ“ lösen. Der Film spielt Möglichkeiten durch, die anfangs hilflosen Protagonisten begehen Fehler, verletzten Gefühle, finden Lösungen und stoßen immer wieder an die Grenzen ihrer Herkunft.
„Das geteilte Glück“ von Thomas Freundner ist ein Lehrstück. Der Film entwickelt mit Hilfe gesellschaftlicher Vereinfachungen und dramaturgischer Stereotypen eine These, die selten diskutiert und für die im Fernsehfilm noch seltener sensibilisiert wird: Armut ist in Deutschland immer noch vererbbar. „In keinem anderen westeuropäischen Land sind die Chancen von Kindern so abhängig von der Herkunft wie bei uns“, betont Dähnert. Ästhetisch und dramaturgisch ist diese SWR-Produktion kein großer Film, aber es ist nach „In Sachen Kaminski“ die Wiederbelebung einer TV-Gattung, die es nicht verdient hat, nur als „gut gemeint“ abgetan zu werden. Der Film denkt etwas konsequent zu Ende, was längst Realität ist. Das Elternhaus bestimmt die Zukunft und die Schule entscheidet (viel zu) früh über den beruflichen Werdegang des Kindes. Über den gesellschaftspolitischen Aspekt hinaus ist „Das geteilte Glück“ ein packender, aufwühlender Film. Vor allem für Eltern. Gefühl und Verstand kommen gleichermaßen zu ihrem Recht. Und die Hauptdarstellerinnen, allen voran die badisch parlierende Petra Schmidt-Schaller als selbstlose Unterschicht-Tussi, sind große Klasse.