Veronica Ferres gibt mal wieder die Kämpferin für eine gute Sache. In „Das Geheimnis der Wale“ sind es die Mythen umwobenen Meeressäuger, denen sich ihre Anna Waldmann annimmt. Dafür legt sie sich mit einem internationalen Erdgas-Multi an, obwohl sie nur eine arbeitslose Fotografin ist, die sich um die Zukunft ihrer Tochter sorgt. Die 15-Jährige droht in Berlin auf die schiefe Bahn zu geraten. Deshalb besuchen beide Annas Vater in Neuseeland. Waldmann ist ein angesehener Walforscher, der sich in einer prekären Lage befindet: Er muss ein Gutachten erstellen, dass darüber entscheidet, ob der britische Konzern Gasonec vor der neuseeländischen Küste mit der Erkundung möglicher Gasvorkommen beginnen kann. Das Gutachten entscheidet über die Zukunft der Region sowie das Überleben der Wale. Sollten Wale zur Brutzeit in die ausgesuchte Bucht kommen, würde das ihren Tod bedeuten.
Der Event-Zweiteiler vom ehemaligen Werbefilmer Philipp Kadelbach ist breit angelegt. 180 Minuten müssen erzählt sein. Und so haben sich die Autoren Richard Reitinger und Natalie Scharf durch die Genres geplottet: das Familiendrama, der Umweltkrimi und die Liebesgeschichte bekommen jeweils ihre separaten Szenen. Und damit das Formelhafte an der Geschichte nicht allzu deutlich wird, gleiten zwischendurch Wale majestätisch durch die Meere oder darf der Kameramann David Slama eindrucksvoll zeigen, dass der Film tatsächlich in Neuseeland gedreht wurde. Slamas Arbeit ist das Beste an diesem Film: das Wechselspiel zwischen lichten Outdoor-Bildern und den düsteren Innenraum-Szenen, in denen sich der Vater der Heldin vergräbt oder die skrupellosen Schattenwesen der Erdgas-Connection ihre Pläne schmieden, sorgt für mehr Abwechslung als beispielsweise das Minenspiel von Veronica Ferres. Was bei Christopher Lambert gerade noch als Genrefilm-Coolness eines Hollywood-Schauspielers durchgehen kann, vermittelt bei ihr eine Gleichförmigkeit, teilweise sogar eine Leere, die einer Hauptfigur in einem solchen Film nicht angemessen ist. Sparsam spielte Ferres einst auch in Friedemann Fromms „Vom Ende der Eiszeit“. Doch das war ein ästhetisch stimmiger Eislandschaftsfilm von 90 Minuten Länge.
Ferres’ bedeutungsvoller Ernst im Blick, ihr ausgestelltes Nachdenken, ist weniger der Schauspielerin selbst anzukreiden als dem im Umgang mit Schauspielern unerfahrenen Regisseur. Überhaupt ist das größte Manko dieses Films, dass die Feinjustierung zwischen epischem Erzählen und der dramatischen Auflösung von Szenen nicht gelingt. Da steht eine Langsamkeit Szenen gegenüber, die nur so triefen vor Bedeutsamkeit und dramatischem Overacting. Auch die Filmmusik macht auf große Oper. Und die Qualität der Dialoge liegt – den internationalen Markt im Blick – unter dem Standard deutscher Event-Movies.
Filme wie „Das Geheimnis der Wale“ haben ihre eigenen Gesetze. Sie wollen über ein Thema Millionen Zuschauer erreichen. Produzent Nico Hofmann nennt das „Erregungsfernsehen“, bei dem man „kampagnenmäßig journalistisch“ vorgeht. So koppelt beispielsweise das ZDF seinen Zweiteiler an ein „Abenteuer-Wissen“-Special. Der Spielfilm selber vermittelt auch etwas über die Lebensgewohnheiten der Wale und ihre Bedrohung. Der Fakten-Transfer gelingt den Autoren überraschend gut: so ist die Tochter der Heldin nicht nur die ideale Identifikationsfigur für die jüngere Zielgruppe, ihre Wissbegierde ist für die Informations-Vergabe an den Zuschauer ein perfektes Medium. Und noch etwas bleibt positiv in Erinnerung: Mario Adorf. Der 79-Jährige spielt seinen Wal-Workaholic mit einer für diesen Film ungewöhnlichen Beiläufigkeit. (Text-Stand: 3.1.2009)