Weil SIE Angst hat, IHN zu verlieren, sagt sie schließlich doch JA
Elli (Adina Vetter) fällt wortwörtlich aus allen Wolken. Ihr Freund Alexander (Stephan Luca) wollte, dass sein Heiratsantrag unvergesslich bleibt und hält deshalb während eines Fallschirmsprungs mit „Willst-du-meine-Frau-werden“-Schriftzug auf der Brust um ihre Hand an. „Wenn ich heiraten wollen würde, dann dich“, ist Ellis zerknirsche Antwort. Alexander reicht das nicht – und so legt er die Beziehung erst einmal für ein paar Tage auf Eis. Elli will ihre Freiheit nicht aufgeben und überhaupt: Hochzeiten sind ihr seit jeher ein Gräuel. In ihrer Heimat, dem thüringischen Wurzbach, hat sie dieses kleinbürgerliche Ritual zur Genüge kennengelernt. Schon damals hasste sie dieses ganze verlogene Hochzeitsgetue, sie und ihre zwei besten Freundinnen schworen sich sogar, später niemals zu heiraten. Hanna (Natalia Belitski), eine Freundin dieses Kleeblatts, erinnert Elli an ihren Schwur. Die Yoga-Lehrerin und Tantra-Expertin sieht noch immer keinen Sinn in dieser Konvention des sogenannten Erwachsenseins. Sie ist davon überzeugt: „Man heiratet nicht aus Liebe, sondern weil man Angst hat, jemanden zu verlieren.“ Und genau deshalb sagt Elli dann schließlich doch „ja“.
Soundtrack: Tom Jones („Give A Little Love“), Beach Boys („Wouldn’t It Be Nice“), Cee Lo Green („Forget You“)
Foto: ZDF / Conny Klein
Hochzeitshorror oder der Gang der Braut durch die Vorhölle der Ehe
„Die Braut sagt leider nein“ erzählt – nach Motiven des gleichnamigen Romans von Kerstin Gier – die Geschichte eines Paares vom Heiratsantrag über die Verlobungszeit bis zu einem ziemlich unorthodoxen Hochzeitsfest. Es ist ein Gang durch die Vorhölle der Ehe, ein Gang des Zweifels und der Verzweiflung vor allem für die Frau, aus deren Perspektive dieser Leidensweg geschildert wird. Alle wollen mitreden bei der Hochzeit und alle wollen kommen. Was als kleines Fest der Liebe von der klein beigebenden Heldin und ihrem Liebsten geplant wurde, nimmt immer absurdere Züge und bombastischere Dimensionen an: „Je teurer, umso besser“, giftet Alexanders Mutter (Angela Roy) in Richtung ihres Ex’, der die Hochzeit bezahlen und noch mal so richtig bluten soll dafür, dass er sie verlassen hat. Auch Ellis Mutter (Johanna Gastdorf) scheint mit der Hochzeit etwas in ihrem Leben kompensieren zu müssen. Sogar ein Hochzeitsplaner muss engagiert werden. Wenigstens gelingt es Elli, die dritte Eidgenossin aus der Kindheit, Suse (Nadja Bobyleva), dafür zu gewinnen. Und geheiratet wird natürlich im schönen Wurzbach. Es kommt also alles genau so, wie es die Heldin eigentlich nicht haben wollte: „Diese komischen Tüllkleider und dieses künstliche Grinsen auf den Fotos und diese schlechte Musik. Und nie geht es um das Paar, sondern immer nur darum, wer sich das beste Lokal leisten kann und das teuerste Essen und den meisten Kitsch.“
Ungewöhnlich jung, erfreulich verspielt & weitgehend gemeinplatzfrei
Verfilmungen sogenannter moderner „Frauenromane“ liefern dem Kritiker die Argumente gegen solche zeitgeistigen TV-Adaptionen meist auf dem silbernen Tablett gleich mit. Gewöhnungsbedürftig sind in diesen Filmen die Kommentare aus dem Off, meist handelt es sich dabei um aufgekratzte Ich-Ich-Ich-Texte. Oft muss damit die sparsame Handlung und die fehlende Dramaturgie kaschiert werden. Wird die Heldin in „Für jede Lösung ein Problem“, dem ersten Beitrag der neuen ZDF-Sonntagsreihe „Chaos-Queens“, auch nicht müde, ihre Probleme aus dem Off zu vertiefen, gelingt diesem Film trotzdem eine passable Geschichte über die Kraft, die aus dem Scheitern erwächst. Noch besser ist nun der zweite Versuch, eine jener Frauen auf der Suche – am Rande des Nervenzusammenbruchs – zu porträtieren: In „Die Braut sagt leider nein“ mischen Vivian Naefe (Regie) und Sarah Palma (Buch) aus einem Strauß an Situationen eine launige Geschichte von einer Frau, die nicht nein sagen kann und die schon jetzt erfahren muss, was sie in der Ehe mit diesem erfolgreichen Architekten zu erwarten hat. Für das ZDF-„Herzkino“ ist diese Komödie ungewöhnlich jung, erfreulich verspielt und in den Dialogen weitgehend gemeinplatzfrei. Selbst die Off-Texte sind hier nur selten Orte, in denen das Leben auf Binsenweisheiten heruntergebrochen wird: Meist geben sie nur den Stand der Dinge wieder (oft eher beiläufig als melodramatisch gesprochen) und vermeiden damit langatmige, bedeutungsträchtige Szenen. Auch wenn diese Elli ein ästhetisches Konstrukt ist, so hat man doch den Eindruck, dass bei aller komödiantischer Überspitzung eine gewisse existentielle Wahrhaftigkeit in der Figur angelegt ist.
Foto: ZDF / Conny Klein
Eine Komödienfigur in der Findungsphase: das belebt die Geschichte
Aber was wäre Elli ohne ihre Freundin Hanna!? Sie ist die Gegenkraft zur anpassungswilligen Hauptfigur und sie bleibt ihr – bis auf eine kurze Auszeit – als Freundin erhalten. Anfangs sind sich beide darin einig, dass mit der Heirat die Freiheit beerdigt wird. Dann wird die eine zur Stimme von Individualismus und zügellosem Sex, während die andere die Ehe als vernünftige Stufe auf dem Weg zum Erwachsenwerden begreift. Doch für eine Braut, die sich endlich traut, greift die Heldin dann doch übermäßig oft zu Fontanes „Effi Briest“. Hatte die Freundin mit der Kritik am Bräutigam als ein passiv-aggressiver männlicher Prototyp womöglich doch recht? Auch der Festanstellung als Deutsch-Lehrerin sieht sie mit gemischten Gefühlen entgegen. Entspricht es nicht viel mehr ihrem Naturell, als Aushilfslehrerin das Wahlfach Philosophie am Lehrplan vorbei zu lehren, wie sie es zuletzt tun durfte? Elli befindet sich noch in der Findungsphase, spürt immer wieder, dass es sich (noch) nicht lohnt, erwachsen zu werden oder das, was die meisten anderen dafür halten. Solche Komödienfiguren machen Laune, weil sie flexibel, eigenwillig und damit für Überraschungen gut sind, und weil „ihre“ Geschichten trotz des Genrezuschnitts eine Spur offener sind als Romantic Comedies.
Adina Vetter, Natalia Belitski und die zwei Seiten der Weiblichkeit
„Die Braut sagt leider nein“ ist ein Film, der keine weltbewegende Handlung braucht, weil er eine Hauptfigur hat, die in ihrer Mischung aus sympathischer Stadthysterikerin und sozialisiertem Landei, genügend Konflikte mit sich herumträgt, die es mehr oder weniger auszuleben gilt. Und weil da eben noch die andere ist, die die Situationen auf den Punkt zu bringen scheint und die den Gatten in spe und dessen immer häufigere Abwesenheit präzise zu analysieren weiß („Macht man nicht, was er will, bestraft er einen mit Nichtbeachtung“). Manchmal möchte man selbst die Heldin zur Erkenntnis schieben; dennoch wirkt sie nicht wie ein Dummchen. Das liegt auch an Adina Vetter, die die innere Spannung ihrer Elli, diese Unentschiedenheit, wunderbar in ihre (fahrige) Körpersprache transportiert; dabei kommt ihr ihre Größe und ihre schlanke Figur sehr zupass. Als Frau, die zwischen eigenen Erwartungen und den Ansprüchen der anderen nur schwer eine Balance findet, ist die Schauspielerin, die bei uns durch die Ösi-Serien „Braunschlag“ und „Vorstadtweiber“ bekannt wurde, eine sehr gute Besetzung. Perfekt gecastet ist auch Natalia Belitski, der Shootingstar des letzten Jahres: Sie gibt ihrer Figur eine Stärke und Selbstsicherheit, die sich in ihrer ganzen Körperhaltung zeigt und bis in die kleinste Geste zu spüren ist. Entsprechend sind auch ihre Texte klarer: Ihre Hanna sagt, was Sache ist, und sie sagt es rasch. Bei der Heldin dagegen kann es schon mal passieren, dass sie schneller spricht, als sie denken kann und darüber dann ihren Gedanken vergisst. Würde man Elli und Hanna zu einer Figur verschmelzen, wäre diese „Hella“ wahrscheinlich die ideale Heldin für eine Screwball Comedy. (Text-Stand: 16.4.2017)