Vermeintlich abgeschmackt beginnt diese Komödie aus Wien. Da ahnt man noch nicht, dass das gedoppelte Crescendo, hier ein Symphonieorchester mit einer Violinenvirtuosin, dort ein kleiner Hans Wurst, der sich und sein Zwitscherl zum Orgasmus rammelt, dem Erzählprinzip dieses filmischen Beziehungsreigens entspricht, in dem es stets zu einer Duplizität von Ereignissen kommt. Alle drei haben eines gemeinsam: eine fade Ehe. Der Vierte im Bunde, der Mann der Geliebten, fällt bald aus: Autounfall – Exitus. Die werte Gattin, Sexy-Hexy Ilona, ist nicht ganz unschuldig. Auch die Millionärin mit der Geige hat keinen unbeträchtlichen Anteil daran, dass ihr treuloser Ehemann im Koma liegt. Im Affekt schubste sie ihren Frederik so unglücklich, dass er hochkant aus dem Fenster eines Hochhauses flog.
Gezwungenermaßen müssen sich die einstigen Rivalinnen zusammenraufen. Denn zwei Kommissare ermitteln in zwei Fällen. Also sagen sie so aus, dass sie sich gegenseitig ein Alibi verschaffen. Seltsam findet das die Polizei schon: die eine hat ein Verhältnis mit dem Mann der anderen, und die wiederum fährt den Mann der Nebenbuhlerin tot. „Das widerspricht jeder Wahrscheinlichkeit!“, weiß Kommissarin Jablonski. Ihr Kollege himmelt derweil die schöne Musikerin an, die ihrerseits den Lieblingsspruch ihres Gönnergatten zum Besten gibt: „Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht.“ Ende der Vernehmung! Doch dann erwacht der Sprücheklopfer aus dem Koma und hat den Fenstersturz genauestens vor Augen.
„Böses Erwachen“ erzählt eine aberwitzige Geschichte über seltsame Freundschaften und noch seltsamere Beziehungen. Der Film entwickelt sich zunehmend zu einer schwarzen Komödie, die an die tragikomischen Versuchsanordnungen des französischen Filmemachers Bertrand Blier („Zu schön für dich“) erinnert. Moral leistet sich in der bürgerlichen Gesellschaft kaum noch einer. Jeder bescheißt jeden. Vor allem der treulose Ehemann kann von seinem liebgewordenen Ritual nicht lassen. Er hat nichts dazu gelernt – seine Frau schon!
So nimmt die Geschichte gegen Ende noch ein paar Umschwünge – und Drehbuchautor Michel sorgt für ausgleichende Gerechtigkeit. Der Film ist höchst vergnüglich, mal derb, mal schräg, mal böse – bleibt aber im Rahmen der ZDF-Prime-Time. Lisa Martinek und Nina Proll geben ein köstliches Duo: Frau Selbstkontrolle und Miss Sexus – da gibt es mehr zu entdecken als „Pretty Woman“-like Garderoben und Hitchcock-verdächtige Blondinen-Frisuren. Und Regisseur Urs Egger sorgt mit einer klaren Filmsprache für gutes Timing und präzisen Witz. „Wir suchten Bilder, die die Figuren fast klinisch beobachten, aber auch den Druck rhythmisieren, unter dem sie stehen“, betont der Grimme-Preisträger.