Gleich am ersten Arbeitstag in der Aachener Karlsklinik erklärt der neue Stationsarzt Dr. Behring (Maximilian Grill) seiner Schichtdienstleiterin Schwester Betty (Bettina Lamprecht), wie sich die Welt auf seiner Station zu drehen hat: „Ärzte übernehmen die Verantwortung, Krankenschwestern halten Händchen“. Da hat der forsche Arzt aber die Rechnung ohne Betty gemacht, denn die erfahrene Krankenschwester sieht das vollkommen anders: „Ärzte stellen Diagnosen, Krankenschwestern heilen“.Diese konträren Einstellungen sind der Nährboden für einen täglichen Kampf zwischen Schwestern und Ärzten. Bettina Lamprecht („Pastewka“) füllt ihre Rolle mit Leidenschaft. Schlagfertigkeit und Humor kommen der versierten Schauspielerin leicht über die Lippen. Betty scheut sich nicht, gegenüber Ärzten Grenzen zu überschreiten, wenn Sie der Ansicht ist, recht zu haben. Das ist für den Zuschauer ziemlich anstrengend, denn Betty hat zumindest in der ersten Folge der Serie immer recht.
Ab 29.9.2017, startet im ZDF die 4. Staffel von „Bettys Diagnose“ mit 26 neuen Folgen und Annina Hellenthal als neue Stationsleitung Betty Weiss. Weiter im Hauptcast: Maximilian Grill, Theresa Underberg; ab 17.11.17 Marie Zielcke
Foto: ZDF / Kai Schulz
Sympathisch kommt Betty immer dann rüber, wenn sie Patienten erklärt, was Dr. Behring im Fachchinesisch einfach nur so dahin sagt. „Wir müssen überprüfen, ob eine Gestose vorliegt, die möglicherweise eine Plazentainsuffizienz verursacht hat“, fachsimpelt Dr. Behring. „Das ist eine Unterversorgung des Mutterkuchens, die manchmal im letzten Schwangerschaftsdrittel auftritt, häufig durch einen schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck verursacht, der zu einem Krampfanfall führen kann, wie Sie einen hatten“, ergänzt Betty freundlich. „Das muss aber nicht bedeuten, dass Ihr Baby in Gefahr ist – es muss nur überwacht werden!“ In der „Hexenküche“, dem Schwesternzimmer, ist Bettys Hauptquartier. Hier schwört sie ihre Kolleginnen, die schöne Lizzy Riedmüller (Theresa Underberg) und Schwesternschülerin Talula Pfeifer (Carolin Walter), für ihren Kampf gegen die männliche Dominanz ein. Diese Konstellation wirkt rückwärtsgewandt und unnötig redundant. Der als Grundidee der Serie konzipierte Genderkonflikt ließe sich doch so einfach durch eine Ärztin oder einen kompetenten Pfleger entschärfen. Die Pflegedienstleiterin Mechtild Puhl (Sybille J. Schedwill) dient dramaturgisch zwar als weiblicher Antagonist, kann diese Rolle gegenüber der Ärzteschaft jedoch nicht im gleichen Maß ausspielen wie gegenüber den Schwestern.
Zu der unglücklichen Grundkonstellation kommt hinzu, dass Dr. Marco Behring auch noch als Objekt der Begierde der weiblichen Belegschaft positioniert wird. Im Jahr 2014 ist allerdings ein „Sascha Hehn“ des Vorabends nicht mehr so einfach zu etablieren, wie in den 1980ern. In diesem Zusammenhang ist auch die Rolle der Lizzy aus feministischer Sicht eine Zumutung! Für Lizzy ist Behring ein neuer „Dr. Love“, dessen geheimnisumwittertes Privatleben es zu ergründen gilt. Sie ist Krankenschwester „a) weil sie klug und b) weil das der direkteste Weg in den sicheren Hafen einer Arzt-Ehe ist. Kein promoviertes und einigermaßen vorzeigbares Exemplar der Gattung Mann wird ausgelassen“ (ZDF-Pressetext). Dem Ensemble ist – trotz zeitgemäßem, Dramedy-üblichem Montage-Rhythmus – der insgesamt doch etwas altbackene Charakter dieser Figuren-Konstellationen sicher nicht anzulasten. Eher den Machern. Die hätten einfach mal beim US-Dauerbrenner „Scrubs“ hereinschauen müssen, denn da gelingt der Schlagabtausch zwischen Ärzten, Assistenten und Schwestern ja aufs Beste. Die Besetzung zeichnet sich ansonsten durchweg durch frische Gesichter und große Spielfreude aus. Nicht nur Maximilian Grill („Der letzte Bulle“) als Dr. Behring trifft das Timing der Serie souverän.