Wenn Andrea Sawatzki und Christian Berkel im „Ersten“ gemeinsame Sache machen, ist das Ergebnis immer mindestens sehenswert. Mit „Scheidung für Anfänger“ (2019) gelang dem Ehepaar das Kunststück, ein Trennungsdrama aller Tragik zum Trotz vorwiegend heiter wirken zu lassen. „Sportabzeichen für Anfänger“ (2021) war eine witzige Komödie über zwei Alleinerziehende, deren Streit in einen sportlichen Wettstreit eskaliert. In „Entführen für Anfänger“ (2024) rächt sich ein braver Buchhalter für seine Kündigung und entführt die Frau seines Arbeitgebers, aber der will sie gar nicht zurückhaben. „Taxi für zwei“, die vorläufige Krönung der gemeinschaftlichen Projekte, gehört nur scheinbar nicht in diese Reihe: Mit der Umbenennung in „… für zwei“ will die ARD-Tochter Degeto den „Markenkern schärfen“ und die jeweiligen Hauptfiguren noch stärker in den Mittelpunkt rücken.
Foto: ARD Degeto / Silviu Guiman
In der jüngsten Geschichte ist eine dritte Person allerdings genauso wichtig, denn Verlegerin Caroline Tuta (Lavinia Wilson) bringt die Handlung überhaupt erst ins Rollen. Gregor Basil (Berkel) ist Autor mittelmäßig erfolgreicher Romane, aber trotzdem das Zugpferd des Kölner Verlags: Seine unter dem Namen Vanessa Fox veröffentlichten Liebesromane sind Bestseller. Als eine kulturbeflissene Mäzenin das jüngste Werk der vermeintlichen Schriftstellerin mit einer hochdotierten Auszeichnung würdigen will, braucht Basil ein Double, das sich für den Abend der Preisverleihung in Vanessa Fox verwandelt; aber wenn die Fan-Gemeinde erfährt, dass sich hinter dem Pseudonym ein alter Griesgram verbirgt, wäre dies das Ende der Erfolgsgeschichte. Eine passende Kandidatin steht schon vor der Tür: Elke (Sawatzki) ist Taxifahrerin, hat Gregor zum Verlag gebracht und gleicht der Zeichnung der rothaarigen Vanessa auf den Buchcovern verblüffend. Grundsätzlich könnte sie sich sogar vorstellen, vorübergehend zu Gregors Alter Ego zu werden, doch es gibt ein erhebliches Problem: Sie kann den Mann nicht ausstehen.
Mit großer Freude am charakterlichen Detail haben David Ungureit und Marc Terjung zwei Persönlichkeiten geschaffen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Natürlich gehört es zum Muster romantischer Komödien, dass am Ende zwei Menschen zueinander finden, die auf den ersten Blick überhaupt nicht zusammen passen, aber wie Berkel und Sawatzki diese Schablonen mit Leben füllen, ist ein großes Vergnügen. Dabei profitieren sie von Dialogen, wie sie hierzulande Seltenheit haben; derart bissig und boshaft formuliert sonst nur Ralf Husmann (allen voran für die ZDF-Serie „Merz gegen Merz). Das Duo Ungureit („Das Pubertier“) und Terjung („Edel & Starck“) hat einst schon erfolgreich bei „Danni Lowinski“ (2009 bis 2014, Sat 1) zusammengearbeitet.
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Der Rest ist pure Spielfreude, weil Berkel und Sawatzki sichtlich Spaß an den Rollen haben (Regie: Stefan Bühling). Abgesehen von einigen kleinen Slapstick-Einlagen Sawatzkis verkörpern beide ihre Figuren jedoch mit angemessener Ernsthaftigkeit, daher ist „Ein Taxi für zwei“ mehr als nur ein Lustspiel. Gerade Berkels Beiträge machen den Film auch zu einem intellektuellen Vergnügen, schließlich setzt Zynismus ein gerüttelt’ Maß an Intelligenz voraus, und Gregor ist ein Zyniker vor dem Herrn. Echte Kleinodien sind zum Beispiel seine Innenhofgespräche. Sobald er auf den neuen Nachbarn trifft, geht’s zur Sache: Josua Quinn (Ulrich Brandhoff) ist Paartherapeut. Gregor hält das für den überflüssigsten Beruf der Welt und rät einem Paar, das ihm über den Weg läuft, Geld und Zeit zu sparen und sich lieber gleich zu trennen.
Natürlich vermutet Elke, dass sich hinter Fassade des Misanthropen eine verletzte Seele verbirgt, aber erst mal betrachtet sie ihn als „emotionalen Simulant“ und „Schande für Vanessa Fox“. Nach erfolgreich überstandener Preisverleihung schlagen Ungureit und Terjung ein neues Kapitel auf, als die völlig unvorbereitete Taxifahrerin die Kehrseite des Ruhms erlebt (der Arbeitstitel lautete „Berühmt sein für Anfänger“), Paparazzi inklusive. Die Medienkritik beinhaltet auch Gregors Abrechnung mit seinen Büchern: Elke flüchte sich „in eine Fantasiewelt“, um ihrem eigenen kleinen Leben zu entkommen; ein Verdikt, das selbstredend auch für Film und Fernsehen gilt. Die Liebe zum Detail zeigt sich nicht zuletzt beim Umgang mit den eingespielten Liedern. Max Raabes Frage „Wer hat hier schlechte Laune“ beantwortet sich natürlich von selbst. „Reality“ (Richard Sanderson) aus „La Boum – Die Fete“ (1981) mit der Zeile „Dreams are my Reality“ (Träume sind meine Wirklichkeit) erklingt, als Elke einem Jungen nonverbal Mut zuspricht, einem Mädchen seine Liebe zu gestehen. Später erstirbt das angesichts des Pärchens erneut erklingende Lied und mit ihm Elkes Lächeln, als plötzlich Gregor vor ihrem Taxi steht.
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