Wir vier und der Enkeltrick

Uschi Glas, Katharina Thalbach, Ursula Werner, Soogi Kang, Kreuser, Spengler. Vier Rentnerinnen gegen die Mafia

10.09.2025 10:00 ARD-Mediathek Streaming-Premiere
17.09.2025 20:15 ARD TV-Premiere
21.09.2025 20:15 One
24.09.2025 14:00 One
Foto: SWR / Wüste Medien / Manju Sawhney
Foto Tilmann P. Gangloff

Wir vier und der Enkeltrick“ (SWR / Wüste) ist anfangs Drama, wandelt sich über weite Strecken zur Komödie und endet als Krimi: Nachdem eine Witwe (Uschi Glas) von Betrügern um all’ ihre Wertsachen gebracht worden ist, zieht sie in eine Seniorenresidenz und findet dort neue Freundinnen. Zu viert beschließen sie, der „Enkeltrick-Mafia“ das miese Handwerk zu legen. Die alten Damen, allen voran Katharina Thalbach und Ursula Werner, sind dank ihrer witzigen Wortgefechte ein großes Vergnügen, und das wichtige Thema wird ohne jede Form von Belehrung verarbeitet.

Der Enkeltrick? Klar, kennt man aus der Zeitung, aber sowas passiert doch nur anderen; bis man selbst auf die miese Masche reinfällt. Das Telefon klingelt, der Sohn schluchzt: „Sie ist tot, ich habe sie umgebracht!“ Dann teilt ein angeblicher Polizist der erschütterten Mutter mit, Markus habe einen Unfall mit Todesfolge verursacht. Sie könne jedoch verhindern, dass er umgehend ins Gefängnis komme, wenn sie die Kaution übernimmt. Es ist Wochenende, 20.000 Euro hat Irene natürlich nicht zur Hand, aber einiges Bargeld fände sich, außerdem seien da noch ihr Schmuck, die teure Uhr des verstorbenen Gatten. Der Mann ist zufrieden und kündigt einen Beamten an, der die Wertsachen abholt. Kurz darauf steht ein uniformierter Polizist vor der Tür und nimmt den Beutel wortlos entgegen, ohne hineinzuschauen. Eine Quittung bekommt Irene ebenfalls nicht, aber sie steht noch viel zu sehr unter Schock, um das zu monieren.

Wir vier und der EnkeltrickFoto: SWR / Wüste Medien / O-Young Kwon
Sie wurde als Erste ausgenommen. Der Entschluss, etwas gegen den Betrüger zu tun, verleiht Irene (Uschi Glas) neuen Schwung.

Diese wenigen Minuten sind enorm intensiv; von einer Komödie, wie die ARD den Film ankündigt, ist wahrlich nichts zu spüren. Wer nun abbricht, weil das alles viel zu spannend ist, verpasst eine toll gespielte Hommage an vier alte Damen, die sich wehren: Die um all’ ihre Wertsachen gebrachte Irene (Uschi Glas) glaubt, dass sie fortan in einer Seniorenresidenz besser aufgehoben sei. Dort findet sie rasch Anschluss bei einem Trio. Als sie nach längerem Zögern schließlich erzählt, was ihr widerfahren ist, überzeugt Wortführerin Helene (Katharina Thalbach) die anderen, aktiv zu werden und Menschen mit „alten“ Vornamen telefonisch zu warnen. Erst später gesteht sie den Freundinnen, dass sie um Rückruf gebeten hat, falls sich die Betrüger melden; und jetzt wird die Geschichte zum Krimi.

„Wir vier und der Enkeltrick“ ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie sich ein Anliegen kurzweilig und ohne Belehrung verpacken lässt. Kai Kreuser (Buch) und Mia Spengler (Regie) dokumentieren regelrecht, wie der Betrug abläuft. Die verwitwete Irene ist alles andere als eine hilflose alte Frau, doch die Verzweiflung ihres vermeintlichen Sohnes setzt jegliche Vernunft außer Kraft. Als ihre Freundin Maria (Jessica Kosmalla) vorbeikommt, sieht sie auf den ersten Blick, dass etwas Schlimmes passiert sein muss, aber Irene weiht sie nicht ein. Das erweist sich später als clevere Drehbuchtaktik, denn Maria wird auf die gleiche Weise betrogen. Prompt macht sich Irene Vorwürfe: Hätte sie ihr alles erzählt, wäre das nicht passiert; deshalb unterstützt sie Helenes Vorschlag, den Verbrechern eine Falle zu stellen und die „Enkeltrick-Mafia“ auffliegen zu lassen.

Wir vier und der EnkeltrickFoto: SWR / Wüste Medien / O-Young Kwon
Den vier Hauptdarstellerinnen ist garantiert das Herz aufgegangen, als sie das Drehbuch gelesen haben. Solche Top-Rollen für ihr Alter sind eine Seltenheit. Ursula Werner und Katharina Thalbach, deren rüstige Rentnerin gern mal über das Ziel hinausschießt.

Zwischen dem Drama zu Beginn und dem Krimi am Ende ist der Film eine lupenreine Komödie. Gerade die Dialoge des eingespielten Trios sind ein großes Vergnügen. Katharina Thalbach hat als rüstige Rentnerin, die mit ihren bissigen Bemerkungen gern mal übers Ziel hinausschießt, zwar die kernigsten Zeilen, aber Christel und Annemarie (Margot Werner, Soogi Kang) geben Helene munter Kontra. Den vier Hauptdarstellerinnen ist garantiert das Herz aufgegangen, als sie das Drehbuch gelesen haben, zumal Angebote in diesem Alter gerade für Frauen äußerst rar sind und nur selten Alternativen zu den üblichen Klischees (Hippie-Oma oder liebenswerte, aber tüddelige Großmutter) bieten. Kein Wunder, dass Peter Lohmeyer, laut Drehbuch deutlich jünger, als Irenes Nachbar und Verehrer einen schweren Stand hat. Immerhin darf beim Finale auch Herr Hansen mitmischen, selbst wenn sich seine Aussage, er sei bis zu seiner Pensionierung Ordnungshüter gewesen, als allzu vollmundiges und bewusst in kauf genommenes Missverständnis entpuppt: Auf der Spur der Beute gerät die selbsternannte „GSG 90“ selbst in eine Falle, und jetzt ist gar ihr Leben in Gefahr.

Am Ende muss alles etwas schnell gehen, nun überschlagen sich, wie es in Inhaltsangaben gern heißt, die Ereignisse, zumal plötzlich echte Waffen ins Spiel kommen und sogar Schüsse fallen. Das fast allzu flotte Finale legt andererseits die Vermutung nahe, dass Kreuser und sicherlich auch Regisseurin Spengler das ausführliche Mittelstück wichtiger war. Hier erfreut das erste verfilmte lange Drehbuch des Autors neben der Spielfreude der alten Damen vor allem durch viele originelle Details, darunter der Leichenwagen von der Größe eines Straßenkreuzers, mit dem Helene ihre Freundinnen durch die Gegend kutschiert. Natürlich betonen solche Einfälle den fiktiven Charakter der Geschichte, aber sie stehen auch für Kreusers erklärte Absicht, mit Hilfe von Humor Hoffnung zu vermitteln; auch auf eine Fortsetzung.

Wir vier und der EnkeltrickFoto: SWR / Wüste Medien / O-Young Kwon
Undercover-Einsatz im Leichenwagen: Soogi Kang, Katharina Thalbach, Ursula Werner & Uschi Glas in „Wir vier und der Enkeltrick“

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Fernsehfilm

SWR

Mit Uschi Glas, Katharina Thalbach, Ursula Werner, Soogi Kang, Peter Lohmeyer, Pheline Roggan, Jakob Geßner, Fino Murteira Dayekh, Danilo Kamperidis, Jessica Kosmalla

Kamera: Doro Götz

Szenenbild: Dorle Bahlburg

Kostüm: Judith Stryczek

Schnitt:Constantin von Seld

Musik: Marc Fragstein

Soundtrack: Carole King („I Feel The Earth Move“), Earth, Wind & Fire („Boogie Wonderland“), Dolly Parton („9 To 5“), Natalie Cole („This Will Be“)

Redaktion: Manfred Hattendorf

Produktionsfirma: Wüste Medien

Produktion: Laura von Portatius, Björn Vosgerau

Drehbuch: Kai Kreuser

Regie: Mia Spengler

EA: 10.09.2025 10:00 Uhr | ARD-Mediathek

weitere EA: 17.09.2025 20:15 Uhr | ARD

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