„Irgendwann habe ich den Anschluss verpasst – als hätte ich beim Umsteigen den falschen Bahnhof erwischt und dann ist kein Zug mehr gekommen, der mich wieder dahin zurückgebracht hat, wo Anderen sind.“ Carla weiß, dass sie Vieles in ihrem Leben falsch gemacht hat. Sie war die perfekte Maklerin, aber eine lausige Mutter. Jeder Verkauf einer Luxusimmobilie gab ihr den Kick, der sie weiter funktionieren ließ. Und gab es Durststrecken, half ihr die Hausmarke. Ihr Ehemann verließ sie, weil er ihren Niedergang ahnte, sie sich aber nicht helfen lassen wollte. Jetzt ist Carla in Rente gegangen. Ein ideales Ereignis, um nach außen die glückliche und zufriedene Frau von Welt zu geben. Doch innen drinnen sieht es anders aus. Da klafft ein tiefes Loch. Carla ist einsam, sie hat die Sympathien ihrer Liebsten verspielt. König Alkohol wird ihr ständiger Begleiter. Von nun an geht’s bergab.
„Wie ein Licht in der Nacht“ erzählt das Drama einer Alkoholikerin, die mehr und mehr die Leere in ihrem Leben zu spüren bekommt und die nichts von einer Sucht hören möchte. Der Film lässt sich Zeit mit dem Abstieg. Anfangs lebt die Geschichte auch vom Kontrast zu den vielen anderen Hörbiger-Figuren, die die Kurve kriegen und strahlend ihren Weg gehen. Man mag es kaum glauben, dass diese nach außen so vor Selbstbewusstsein strotzende Frau in Richtung Abgrund taumelt. Der bestimmende Unterton bleibt solange, bis fast gar nichts mehr geht. Die Psychologie und Soziologie der Heldin ist gut grundiert, wirkt plausibel, auf den ersten wie den zweiten Blick, und entsprechend stimmig ist das Psychogramm, das Christiane Hörbiger am Ende abliefert. Auch die Fallhöhe trägt zur Effizienz der Geschichte bei. Das Drehbuch von Thorsten Näter überzeugt insgesamt. Die Nebengeschichten um den von Klaus J. Behrendt gespielten Hausmeister, der sich erst spät als trockener Alkoholiker zu erkennen gibt, werden – anfangs mit kleinen Fragezeichen – in die Haupthandlung integriert. Näter, der sich als Sozialkrimi-Experte einen Namen gemacht hat und der es in diesem Genre gerne krachen lässt, zeigt bei „Wie ein Licht in der Nacht“, wo seine eigentlichen Stärken liegen.
In diesem Film ist sogar die ästhetische Degeto-Oberflächlichkeit mal zu etwas nutze. Die schöne Aufgeräumtheit der ersten Szenen bietet einen besonders wirkungsvollen Kontrast zum nachfolgenden Niedergang. Inszenatorisch überzeugt der Film von Florian Baxmeyer durch die klare, moderne Bildsprache und einen stimmigen Erzählfluss mit dem nötigen Gefälle. Die zahlreichen Solo-Szenen mit Hörbiger sind eine Herausforderung, für die der Regisseur gute visuelle Lösungen findet. Glanzstück: die Abschiedsszene zwischen Mutter und Tochter am Flughafen, in der die von beiden angestauten Gefühle voll zum Ausbruch kommen. Zwei Frauen, zwischen ihnen eine Glasscheibe, Tränen, ein tiefer Schmerz über all das, was in dieser Beziehung falsch gelaufen ist, bricht sich Bahn. Die Glasscheibe als Spiegel der Seele. Und noch eine Metapher: Der Filmtitel lässt sich übertragen auf die Degeto-Produktionen. Verglichen mit dem, was die ARD-Tochter seit Jahren so massenhaft auswirft, nimmt sich dieses leise, behutsame Drama tatsächlich wie ein Licht in der Nacht aus.