Alarmstufe Rot in Wien. Während einer internationalen Konferenz der Vereinten Nationen ist eine Bombe explodiert. Offenbar galt der Anschlag einem US-Diplomaten. Als mutmaßlicher Attentäter wird ein junger Österreicher irakischer Herkunft ausgemacht, der auf der Konferenz als Vertreter einer kritischen Internet-Community selbst sprechen sollte. Er und ein Polizist werden durch die Explosion getötet. Eine „Task Force“ wird einberufen, der Moritz Eisner und Bibi Fellner als Mitarbeiter des BKA zuarbeiten müssen. Doch viel ermitteln dürfen die beiden nicht. Offenbar soll die militärische Staatspolizei den Fall schnellstmöglich abschließen, damit Hardliner Michalski, ein Aufsteiger mit Lust aufs Innenministerium, sich als Retter der Nation feiern lassen und schärfere Sicherheitsgesetze durchboxen kann. Eisner hat eine Mordswut. Er lässt sich nicht gern zur Marionette machen, auch nicht vom Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. Und dann auch noch diese schmallippige Frau Major! Eisner will nichts von einem islamistischen Hintergrund wissen, er glaubt an ein Eifersuchtsdrama. Tatverdächtig scheint ein ehemaliger Jugendfreund des Toten. Der hängt bald irgendwo in der Pampa am Seil. Selbstmord. Gute Arbeit. Akte geschlossen!
Foto: ORF / RBB / Petro Domenigg
Die österreichischen „Tatort“-Ermittler Eisner und Fellner werden mal wieder aufs politische Glatteis geführt. Mit klassischem Ermitteln ist da nicht mehr viel. Dafür werden die Helden vom BVT abgehört und geraten in kurzweiliger Verschwörungskrimithriller-Manier zwischen alle Fronten. Selten wurde das in anderen Krimis oft zum seriellen Ritual verkommene Kompetenzgerangel so herzerfrischend und physisch in Szene gesetzt wie in diesem Ösi-Krimi von Harald Sicheritz nach dem Drehbuch von Verena Kurth. Eisner ist unleidig bis zur Schmerzgrenze, er schimpft, flucht und poltert, dass ausgerechnet die werte Kollegin Fellner („na, heut kannst du’s aber mit den Frauen“) als Wutbremse einschreiten muss.
„Zwischen den Fronten“ ist doppelbödig und setzt auf viele Gesichter (und hierzulande unbekannte Schauspieler) – was diesen „Tatort“ nicht immer leicht goutierbar macht. Dafür bindet das Paar Eisner/Krassnitzer und Fellner/Neuhauser den Zuschauer an Fall und Film. Da wirkt selbst so eine etwas überambitionierte Politstory um rechtsradikale Umtriebe und konspirativ wirkende Geheimbünde kaum noch bemüht. Mit der spröden Sinnlichkeit dieser beiden bekommt die Verschwörung Wiener Flair und munteren Fluss – und macht Laune, auch wenn der Ausgang dieses Krimis erwartungsgemäß die Kommissare verärgert und mit tiefen Stirnfalten zurücklässt. Darüber hinaus weiß „Zwischen den Zeilen“ auch filmisch zu Gefallen: die Regie sucht nach ungewohnten (Auf-)Lösungen, dazu hat die Kamera gute Einfälle; allein die Explosionsszenen zu Beginn können sich nicht entscheiden zwischen Action und Atmosphäre. Schön, dass die ARD dem ORF-„Tatort“ künftig einen halben Einsatz mehr pro Jahr zugesteht – fünf Filme also in zwei Jahren! (Text-Stand: 12.1.2013)