„Du hast dein Leben riskiert, kommst nach Hause und erfährst, dass alles, was du bisher gemacht hast, falsch war.“ Die vier Jungmänner, die bei ihrem Bundeswehreinsatz in Afghanistan in traumatische Situationen gekommen sind, lecken ihre Wunden. Einer zittert, ein anderer hat ein Bein verloren, Alkohol und Verdrängung regeln das Überleben. Einer von diesen traurigen Helden ist offenbar ein Mörder. Eine Polit-Performerin hat die Videos der Traumtherapie der Soldaten ins Internet gestellt: Zeugnisse ihrer schweren seelischen Nöte mit Heulanfällen, Wutausbrüchen und Panikattacken. Eine aufklärerische Aktion. Die Soldaten sehen darin eine Bloßstellung, eine Verunglimpfung und sie fühlen sich erniedrigt. Jetzt ist die junge Frau tot. Erschossen aus großer Entfernung. Als Täter kommt nur ein Profi in Frage.
Der „Tatort: Heimatfront“ ist ein Männer-Krimi – hilflose Macho-Einlagen und Revierkämpfe inklusive. Das geht vom Thema aus und gibt die Grundtonlage des Films vor: Die Diskrepanz zwischen den rationalen Erklärungen der jungen Männer („Wir sind Soldaten, wir sind stolz und wir haben eine Ehre zu verteidigen“) und den unterdrückten Emotionen, der Wut und Verzweiflung, ist der dramatische Kern der Geschichte. Die Schauspieler, allen voran Constantin von Jascheroff und Ludwig Trepte, erwecken das tragische Dilemma zum Leben. Es ist eine Auseinandersetzung mit dem Krieg und auch mit dem Bild, das die Männer von sich selbst haben. Der von außen Härteste der vier will am wenigsten reflektieren, sondern am liebsten gleich wieder runter nach Afghanistan: er ist Soldat, was anderes hat er nicht gelernt.
Der Film bewegt sich auf Augenhöhe mit seinen Protagonisten. Das sorgt für physische Nähe und ist doch ein Problem, wenn es um Werte, Haltungen, Ideologien geht. Die Autoren übernehmen – weitgehend unreflektiert – das Bewusstsein ihrer nicht allzu weitsichtigen Protagonisten (das schließt die Kommissare ein, zwei allzu schlichte Gemüter) für den Verlauf der Geschichte. Nicht jeder Film braucht die „weibliche“ Sicht. Diesem „Tatort“ hätte sie gut getan. So dürfen die Frauen bei ihren Kurzauftritten nur schön (Lale Yavas), eiskalt verkopft (die von Julia Jäger gespielte Psychologin) oder lächerlich (Alice Hoffmann) sein. Am Ende behält die Psychologin in ihren knappen Einschätzungen der vier Ex-Soldaten Recht. Dem Täter/Opfer hilft das ebenso wenig wie dem Film. Der lässt sich voll und ganz auf den Macho-Ton ein. In punkto Regie mag das passen. Die kleinteilige Auflösung und die dynamische Inszenierung entsprechen dem Genre. Doch auch dramaturgisch bleibt der Film an der Oberfläche. Am Ende haben es alle schwer, die Afghanistan-Heimkehrer, die Kripo, die SEK-Jungs, und alle lassen die Köpfe hängen. So bleibt „Heimatfront“ ein zu vordergründiger Versuch, den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan ins Krimi-Ambiente zu rücken.
Foto: SR / Degeto / Manuela Meyer