Tatort – Borowski und der coole Hund

Axel Milberg, Sibel Kekilli, Mavie Hörbiger auf einem Psycho-Trip an den Abgrund

Foto: NDR / Marion von der Mehden
Foto Rainer Tittelbach

„Borowski und der coole Hund“ ist der zweite Kiel-„Tatort“ nach Henning Mankell. Da inszeniert einer ein sadistisches Rachespiel mit den Sexpartnern einer Chatroom-Prinzessin. Stalking und Tollwut, krankhafter Narzissmus bis hin zur Sexsucht, Frauenfeindlichkeit bis hin zum Hass auf das Sex-Objekt – Mankell ist in seinem Element. Schon wieder ein vorzüglicher Milberg-„Tatort“, spannend, dicht, ästhetisch. Sibel Kekilli erfrischt das grausame Treiben und ihre „What A Man“-Partnerin, Mavie Hörbiger, ist auch dabei!

Beim Sprung ins Wasser wird ein Mann von angespitzten Bambusstäben aufgespießt. Ein Verdächtiger wird wenig später tot aufgefunden. Hat er die Falle lediglich gebaut und ist ahnungslos in seine eigene Pfählungskonstruktion hineingelaufen? Sein Auftraggeber spielt offenbar ein sadistisches Rachespiel mit den Sexpartnern von Chatroom-Prinzessin Ina Santamaria, ein Männertraum in Blond, der rasch zum Alptraum werden kann – auch für sich selbst. Kaum ist einer ihrer Lover gepfählt, schon flirtet sie mit Borowski und dem schwedischen Kollegen Endberg, den ein ominöser Tollwut-Fall nach Kiel verschlagen hat. Auch der Todesspringer von der Kieler Förde trägt den Tollwut-Virus in sich.

Tatort – Borowski und der coole HundFoto: NDR / Marion von der Mehden
Bei diesem Fall muss Klaus Borowski (Axel Milberg) besonders auf der Hut sein. Foto ganz OBEN: Sexsucht? Der schwedische Kommissar nimmt die Witterung auf. Magnus Krepper und Mavie Hörbiger

Zum zweiten Mal ist ein Borowski-„Tatort“ nach einer Geschichte von Henning Mankell entstanden. „Die spannende Vorlage triefte vor Atmosphäre und hatte eine düstere, spannende Grundstimmung“, sagt Regisseur Christian Alvart über den Stoff. Dasselbe lässt sich auch über den Film sagen. Endlich mal wieder ein „Tatort“, der sich des Thriller-Genres annimmt. Da hinterfragt man besser nicht alles, was einem die Geschichte erzählt, sondern folgt ihr mit der Lust, sich von dem suggestiven Mix aus Spannung, Effekten und Stimmungen mitreißen zu lassen. „Borowski und der coole Hund“ steckt auch voller kleiner Überraschungen und geht in einem Punkt über die Grenze dessen hinaus, was mit (vermeintlichen) Helden in deutschen Krimis möglich war. Der skandinavische Kollege, dieser „alte Schwede“, nimmt kein Blatt vor den Mund und ermittelt auch schon mal illegal im Alleingang. Sarah Brandt, die „Süße“ für die moderne Ermittlungsarbeit, deutet gesundheitliche Probleme an, ein Geheimnis, das in ihrem zweiten Auftritt als Ermittlerin noch nicht gelüftet, aber schlimme Folgen haben wird. Und Borowski kippt Wodka gegen Zahnschmerzen, ködert die schöne „Sexfalle“ Ina, frühstückt mit ihr und schlägt sich mit dem Mörder. Dieser „Tatort“ ist eine psychologische Reise an den Abgrund. Stalking und Tollwut, krankhafter Narzissmus bis hin zur Sexsucht, Frauenfeindlichkeit bis hin zum Hass auf das Sex-Objekt, die gedemütigte Frau, die sich nicht retten lassen will. Da ist Mankell ganz in seinem Element – und Klaus Borowski, der norddeutsche Kommissar für die Schatten auf der Seele, ist der Richtige für solche Stoffe.

Tatort – Borowski und der coole HundFoto: NDR / Marion von der Mehden
Typisch Henning Mankell. Ein sadistischer Mörder geht um, der seine Opfer aufspießt. Sibel Kekilli und Axel Milberg in „Tatort – Borowski und der coole Hund“

Regisseur Christian Alvart („8 Uhr 28“) über die Grausamkeit des Stoffs:
„Vieles wird nur angedeutet, aber meiner Meinung nach eignet sich die Geschichte ganz besonders dafür, den Horror im Kopf entstehen zu lassen. Man wird überzeugt sein, Dinge gesehen zu haben, die wir bestimmt nicht gezeigt haben.“

„Borowski und der coole Hund“ ist nach „Borowski und die Frau am Fenster“ schon wieder ein außergewöhnlicher Kiel-„Tatort“. Er ist so dicht und so spannend, so eindrucksvoll fotografiert und geschnitten, so süffisant gespielt (bei aller Düsternis) und so konzentriert bei der Sache, dass es nicht stört, dass der Mörder fast aus dem Hut gezaubert wird und für Sibel Kekilli nur wieder eine Fußnote übrig bleibt. Das spricht nicht gegen sie, sondern für den Film und für die richtige Konzeption beim „Tatort“-Nordlicht. Eine weitere Fußnote: nach dem Kinoerfolg „What A Man“ treffen die beiden Konkurrentinnen um die Gunst von Matthias Schweighöfer, Kekilli und Mavie Hörbiger, nun auch im Fernsehen aufeinander. Doch kein Grund zum Augenzwinkern. Mankell gibt den Ton an – und der ist von Grausamkeiten geprägt. Visuell wird davon wenig ausgespielt. Der NDR wollte offenbar nicht, dass dieser „Tatort“ wie der letzte Matthias-Brandt-„Polizeiruf 110“ auf dem 22-Uhr-Termin landet.

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Reihe

NDR

Mit Axel Milberg, Sibel Kekilli, Mavie Hörbiger, Magnus Krepper, Thomas Kügel, Debastian Weber, Jan Peter Heyne, Samuel Finzi, Sebastian Zimmler

Kamera: The Chau Ngo

Szenenbild: Birgit Kniep

Schnitt: Andreas Wodraschke

Musik: Michl Britsch

Produktionsfirma: Nordfilm Kiel

Drehbuch: Michael Proehl – nach einer Geschichte von Henning Mankell

Regie: Christian Alvart

Quote: 8,49 Mio. Zuschauer (22,6% MA)

EA: 06.11.2011 00:00 Uhr | ARD

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