Ein Sabotageakt am Kehrmann-Bredel-Institut für Pflanzenforschung hat einer Labortechnikerin das Leben gekostet. Allerhöchstens ein Fall von fahrlässiger Tötung. Aufschlussreich ist für Ballauf und Schenk dagegen das, was sie so alles im Vorbeigehen mitbekommen am Institut. Laborproben sind verschwunden, die die Forschung mit genmanipulierten Tabakpflanzen für ein neues HIV-Medikament mächtig zurückwirft. Und das Arbeitsklima ist von so genannter „kreativer Konkurrenz“ geprägt. Beziehungen unter den Mitarbeitern verschiedener Abteilungen werden nicht gern gesehen. Der karrieredurstige Dr. Prangel und die gewissenhafte Dr. Lara Bahls, zwei aufstrebende Instituts-Koryphäen, haben dennoch ein Verhältnis miteinander. Sie ist nicht ganz unschuldig am Tod der Labortechnikerin – und er, ein depressiver Workaholic, nimmt sich nur zwei Tage nach dem Unglücksfall das Leben. Oder war es ein gut kaschierter Mord? Die Gentechnikgegner sind aktionsbereit – aber Mord?! Ballauf hat Lara Bahls gefressen, ganz im Gegensatz zu Schenk. Bleiben als Verdächtige der Chef des Instituts, sein Stellvertreter und dessen Ehefrau.
Weil es ermüdend ist, den wissenschaftlichen Ausführungen der Befragten zu folgen, und weil die sterile Forschungslabor-Architektur einem nicht gerade den Zugang zum Film erleichtert, sind die Geschichten der Kommissare offenbar ganz bewusst extrem volksnah und simpel gehalten. Höchst rustikal ist mal wieder der Umgangston zwischen Ballauf und Schenk und die Privatgeschichte des einsamen Großstadtwolfs überträgt das Motiv der „Auskreuzung“ ins Zwischenmenschliche – mit einem 14-Jährigen, der ihm nicht von der Pelle rückt, und einem geheimen Vaterschaftstest. Der Krimi kommt bis auf den Kurz-Showdown gänzlich ohne Spannung aus. Auch die Exkurse zum Thema „Genmanipulation“ sind halbherzig.
Foto: WDR / Willi Weber
Spricht das jetzt für oder gegen diesen „Tatort“, wenn man feststellt, dass dieser Film ohne die Krimi-Dachmarke und ohne die populären Ermittler vielleicht gerade einmal dreieinhalb Millionen vor dem Bildschirm gehalten hätte? Das Einzige, was einem von dem Film in Erinnerung bleiben wird, ist Luise Berndt. Den „gesunden Menschenverstand“, der vor allem sonntags um 20.15 Uhr ARD schaut (und der die kumpeligen Kölner „Tatort“-Kommissare liebt) – diesen gesunden Menschenverstand dürfte Luise Berndts seltsam entrückte Spielweise, die man von Jeanette Hain oder Sabine Timoteo kennt, irritieren. Blass, wie aus einer anderen Welt, kommt sie herüber, tanzt sich in Ekstase oder spricht Sätze wie auf Droge – Droge Arbeit. Wie ein Mensch auf Schlafentzug. Sie ist wunderbar gegen Schenks und Ballaufs Bodenständigkeit gesetzt, die bekanntlich in Ignoranz umschlagen kann. Auch für die anderen Rollen hat Fischer 1-A-Kollegen gewonnen: Misel Maticevic, Tom Schilling, Kirsten Block – fast zu viel des Guten für diese so mittelmäßige Geschichte. (Text-Stand: 1.9.2011)