In einem luxuriösen Parkhotel an einem brandenburgischen See wollen sich Laila (Sandra Schreiber) und David (Florian Bartholomäi) das Ja-Wort geben. Ganz romantisch, die Braut in Weiß – und alle sollen glücklich sein: die betuchten Eltern des Bräutigams, der smarte Geldsack (Thomas Sarbacher) und die divenhafte Dame des Hauses (Nina Kronjäger), denen das prächtige Anwesen gehört, und die bodenständigen Brauteltern, der Politologie-Dozent (Martin Brambach) und die Hebamme (Birge Schade). „Das Ganze wird so uncool, dass es schon wieder cool wird“, prophezeit der Bräutigam, der den Verlauf des von seiner Zukünftigen sorgsam geplanten Wochenendes wenig später dramatisch auf den Kopf stellt. Musste er denn auch seine Jugendfreundin unbedingt noch mal flachlegen?! Ein Freudscher Versprecher („Bitte, Laila, bitte heirate mich nicht“), ein Alptraum der Braut und unzählige Kisten Champagner legen das Fundament für eine etwas andere Feierdramaturgie. Es wird schließlich ein Wochenende werden, dass keiner der Beteiligten so schnell vergessen wird.
Ein Heiratsantrag wie im Film – auf einem Boot, inmitten eines Meers von Rosen. Man hätte es wissen müssen. So was kann nicht gut gehen. „Schwägereltern“ beginnt, wie Romantic Comedies gern enden. Auch in anderer Hinsicht erfüllt diese “Herzkino“-Komödie im ZDF nicht die Erwartungen: Wer mit der x-ten deutschen Neuauflage von „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“ rechnet – der hofft umsonst auf Slapstick und böse Pointen; aber auch wer mit ZDF und Sonntagabend nur herzerweichendes Wellness-Fernsehen verbindet, wird hier große Augen machen. Denn in Hansjörg Thurns Film nach dem lebensklugen Buch von Sarah Schnier ist am Ende zwar vieles drin’ von den Ingredienzien, die zum besseren öffentlich-rechtlichen Unterhaltungsfernsehen gehören (Selbstfindung, Liebesdiskurs, die Sehnsucht nach dem Glück und eine Art romantische Paartherapie), aber wie der Film seine Themen und Motive entwickelt und wie er letztlich seine Geschichten erzählt, das unterscheidet sich deutlich von jenen Filmchen, die in der Exposition alle für die Handlung bedeutsamen Elemente dem Zuschauer auftischen, um sie dann mit Blick aufs Happy-End „unterhaltsam“ abzuarbeiten. Schnier setzt zwar zu Beginn auch einige existenzielle Ausrufezeichen (Brustkrebsverdacht, Verlust der Dozentur, Scheidungsabsicht), lässt sich insgesamt aber mehr Zeit, um alle Geheimnisse der Figuren zu lüften und Bedeutsames aus ihren Vitas offenzulegen. Auf diese Weise wird der Zuschauer in die Lage versetzt, stärker teilzuhaben an den Schicksalen, weil er die Protagonisten ja schon besser kennengelernt, deren Fassade durchschaut und so etwas wie eine emotionale Bindung zu ihnen aufgebaut hat.
Soundtrack: Susie Arioli („Blue Skies“ / „Beyond The Sea“), Mountaineer („A Town Called Ivanhoe“), Jaqee („Drop Of Water“), Baby Alpaca („Sea Of Dreams“), Rhye („The Fall“), Zahra Hindi („Imik Simik“), The Rolling Stones („You Can’t Always Get What You Want“ / „Satisfaction“), My Brightest Diamond („Feeling Good“), Petter & The Pix („So Easy“), Asaf Avidan & The Mojos („Poor Boy“)
„Schwägereltern“ ist ein Film, der nicht stur nach den dramaturgischen Regeln geschrieben ist, ein Film, der langsam reift. Und im Schlussdrittel wird „geerntet“. Man müsse die Eltern unter bewusstseinsverändernde Drogen setzen, um dieses Wochenende ohne Schlägereien zu überstehen, orakelt der Bräutigam zu Beginn. Am Ende ist es nur Champagner – und an den Kragen gehen sich die vier trotzdem. Aber eben nicht nur. In den letzten 30 Filmminuten, nachdem der Alkoholpegel langsam gesunken und „You can’t always get what you want“ verhallt ist, findet jeder ein offenes Ohr, um sein Herz auszuschütten. Da kommen die zusammen, die in ihrer Partnerschaft die „Starken“ sind, und es halten plötzlich die Händchen, die sich als Verlierer fühlen. Danach allerdings wird noch mal richtig Tabula rasa gemacht.
Bei einer solchen Beziehungskomödie mit nachdenklichen Momenten, mit lebensnahen und dann wieder pointierten Dialogen kann das Drehbuch noch so gut sein – wenn die Schauspieler den Figuren kein glaubwürdiges Ambiente verleihen, funktioniert eine solche Geschichte nicht. Den vier Hauptdarstellern – obwohl alle häufig zu Gast im deutschen Wohnzimmer – nimmt man ihre Rollen aber sehr schnell ab. Perfekt, dass sie fast nie übertreiben und ganz aus den Situationen heraus agieren. Wenn Martin Brambachs linker Politologe mit Schreib- aber nicht Abschreibblockade dem Kollegen, der ihm vermeintlich den Job geklaut hat, Unflätiges („Anal-Akrobat“) auf den AB spricht und anschließend mit absurden Telefonaten versucht, das Gesagte ungesagt und vor allem ungehört werden zu lassen, dann ist zwar Brambach ganz Brambach, aber die Situation ist nicht nur komisch, sondern sie besitzt durchaus Realitätsgehalt und ist zugleich tragisch. Und so wie Thomas Sarbacher anfangs seinen „Feudalherren“ und Nina Kronjäger ihre unpässliche Diva verkörpern, das entspricht ganz dem sozialen Rollenspiel ihrer Charaktere. Und Birge Schade ist mal wieder sehr überzeugend die – trotz Krebsverdacht – lebensfrohe, liebenswerte und zugleich sehr nachdenkliche Alltagsbewältigerin, die dem insgesamt optimistischen Grundton des Films von den vier Hauptfiguren deutlich am nächsten kommt. (Text-Stand 10.1.2015)