Schimanski – Sünde

Götz George, Sergej Moya, Manfred Stelzer. Und der Schmuddelbulle muss leiden!

Foto: WDR / Uwe Stratmann
Foto Rainer Tittelbach

„Schimanski – Sünde“ schließt in seiner gelungenen Mischung aus Auf-der-Flucht-Krimi und Road-Movie-Beschaulichkeit, aus Generations-Drama und entspannter Altersweisheit an die besseren Fälle des ewigen Parkaträgers an. Kein klassischer Whodunit, sondern ein kurzweiliges TV-Abenteuer, bei dem sich der Held durch die deutsche Provinz, durchs Unterholz und die geistigen Niederungen einer bigotten Bourgeoisie schlagen muss.

„Ich glaube, wenn der neue Schimanski ‚Sünde’ die Quote nicht hat, wird es heißen, wir lassen es lieber“, äußerte sich Götz George unlängst in einem Interview. Der Schauspieler, der seinen Schmuddel-Kommissar allein im „Tatort“ 29 Mal spielte und seit 1997 noch 13 Krimis mit seinem Ex-Bullen im Unruhestand nachlegte, war zuletzt wieder zufriedener mit den Drehbüchern. Lieber eine gute als zwei mittelmäßige „Schimanski“-Episoden pro Jahr, das ist seine Devise. „Wir liefern nicht immer das übliche Räuber- und Gendarmenspiel, sondern sind freier, künstlerischer“, umschreibt George den Stil der letzten Filme aus der Reihe. „Sünde“ schließt in seiner gelungenen Mischung aus Auf-der-Flucht-Krimi und Road-Movie-Beschaulichkeit, aus Generations-Drama und entspannter Altersweisheit an die besseren Fälle des ewigen Parkaträgers an. Das Spiel mit dem Image des Cholerikers wird nicht als witziges Knallbonbon präsentiert, die Ironie ist stimmungvoll von Melancholie durchzogen.

Es beginnt am Waldrand, wenig später steht Schimanski mitten im Wald. Eine Rentennachzahlung lässt ihn jubeln. Feiern will er im Grünen, seiner Marie-Claire wäre es im kleinen Schwarzen lieber. Seine Spießerromantik lässt sie die Flucht ergreifen. Schimmi im Auto hinterher – und die nächste Böschung runter. Ein Mann, seltsam einsilbig, der immer wieder Gebetsfetzen vor sich hinmurmelt, hilft ihm aus dem Auto und bringt ihn in eine Waldhütte. Hier haust ein ehemaliger Literaturprofessor, stets einen philosophischen Spruch auf den Lippen. Schimanski wundert sich und steckt bald richtig im Schlamassel. Sein Retter, Sohn der Unternehmerfamilie Gaubner, erweist sich als entflohener Sträfling. Schimanski wäre nicht Schimanski, wenn er hinter dem Verbrechen, das der komische Heilige begangen haben soll, nicht etwas anderes wittern würde als die seltsam lax ermittelnde Staatsmacht. Hat Gaubner tatsächlich seine Frau bestialisch ermordet? Oder war es vielleicht sein Sohn? Auch ein Staatsanwalt und ein Journalist machen sich verdächtig.

Schimanski – SündeFoto: WDR / Uwe Stratmann
Der alternde Ex-Bulle hat in den Nicht-„Tatort“-Fällen immer wieder ein Auge auf die Jugend gerichtet: Auch in „Sünde“ muss sich Schimanski (Götz George) eines Teenagers (Sergej Moya) annehmen.

Was in der Inhaltsangabe klingt wie der übliche Whodunit-Krimi mit den üblichen Verdächtigen – daraus machten der Autor Hansjörg Thurn und der in Sachen Krimi (mit Augenwinkern) erfahrene Regisseur Manfred Stelzer ein kurzweiliges TV-Abenteuer, bei dem sich der Held durch die deutsche Provinz, durchs Unterholz und die geistigen Niederungen einer bigotten Bourgeoisie schlagen muss. Dabei hat er zwischenzeitlich einen 17-jährigen Jungspund im Schlepptau, den Sohn des vermeintlichen Mörders. „Ich glaube, Sie sind ein verhinderter Westernheld, der an das Gute im Menschen glaubt“, sagt dieser und hat alles begriffen. Gespielt wird er vom hochtalentierten Sergej Moya, mit dem George bereits bei dem preisgekrönten Alzheimerdrama „Mein Vater“ vor der Kamera stand.

„Schimanski muss leiden“ hieß einer der besten der letzten 13 TV-Solos des ehemaligen Ruhrpott-Bullen. Leiden muss der nachdenklich gewordene Held auch in „Sünde“. Seine Freundin betrügt ihn. Und der Schwerenöter von einst kann dem nichts entgegensetzen. Nicht einmal Schläge setzt es für den jungen Mann, an dessen nackter Schulter sich Marie-Claire eines Nachts ausweint. „Er geht locker damit um und tut so, als wäre nichts passiert“, kommentiert George die Film-Situation. „Er muss schließlich auch sein Mannlichkeits-Ego schützen.“ Götz George würde diesen Schimanski, der mit zunehmendem Alter (noch) mehr Schwächen zeigt, gerne weiter spielen. „Ich kann schließlich nichts anderes“, sagt er – und meint es garantiert nicht so. Dass er noch immer „mehr an den menschlichen Hintergründen der Geschichte als an den Verbrechen interessiert“ ist, das liebt er an dieser Figur. Fragt sich nur, wie weit die Liebe beim WDR und der ARD geht!? Die spielten schließlich schon mit dem Gedanken, „Schimanski“ auf den Donnerstag zu verbannen. (Text-Stand: 10.4.2005)

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Reihe

WDR

Mit Götz George, Denise Virieux, Sergej Moya, Christian Redl, Julian Weigend, Chiem van Houweninge, Hermann Lause

Kamera: Tomas Erhart

Schnitt: Bernd Schriever

Produktionsfirma: Colonia Media

Drehbuch: Hansjörg Thurn

Regie: Manfred Stelzer

EA: 10.04.2005 20:15 Uhr | ARD

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