Da scheinen sich zwei gefunden zu haben: Nela, die hoch angesehene Primatenforscherin, und Josch, der hoch engagierte Anwalt. Doch der Unfalltod von Joschs Ex-Freundin stellt die Ehe des kinderlosen Paares auf den Prüfstand. Rosanna hinterlässt eine 14-jährige Tochter. Josch verbindet eine langjährige Freundschaft zu jener Aimée. Also überredet er Nela, das verstörte Mädchen bei ihnen aufzunehmen. Es beginnt eine nervenaufreibende Zerreißprobe der vermeintlich glücklichen Beziehung. Aimée drängt sich zwischen den Ziehvater und die erwachsene „Konkurrentin“. Nela wollte nie ein Kind. Jetzt hat sie plötzliches eines zuhause, renitent („Ich hasse Nela – warum darf sie leben und Mama nicht?“), raffiniert – und es weigert sich zu sprechen. Ist es der Schock über den Tod der Mutter? Ist es jener schreckliche Autounfall, bei dem das Mädchen dabei war und den sie im Gegensatz zu ihrer Mutter überlebt hat? Oder verfolgt sie bewusst einen Plan? Als Nela eines Tages von einer Forschungsreise nach Hause kommt, findet sie Aimée neben ihrem Josch im Ehebett.
Der Fernsehfilm „Rosannas Tochter“ ist nach dem gleichnamigen Roman von Amelie Fried entstanden. Die Autorin verarbeitete darin eigene Erfahrungen. „In unserer Familie lebte für fünf Jahre ein Pflegesohn, dessen Vater bei einem Autounfall ums Leben gekommen war“, so Fried. „Es war interessant, wie das Auftauchen eines ‚fremden’ Jugendlichen die Dynamik unserer Familie veränderte.“ Der Film, vornehmlich aus der Perspektive der Ehefrau erzählt, die mehr und mehr in die Rolle der „Fremden“ gedrängt wird, kommt ohne die überlebensgroßen Provokationen aus. Drehbuchautor Christian Jeltsch („Polizeiruf: Klick gemacht“) folgte den Beziehungsspuren weitgehend realistisch und einigermaßen plausibel.
Foto: Degeto / Daniel Flaschar
Jede der drei Hauptfiguren hat ihre Geschichte, keiner wird zum Buhmann gestempelt. Dass Aimée, die erwachsen wird und sich nach Liebe und Verständnis sehnt, zwischendurch einer Rollenkollision erliegt und in Josch mehr sehen möchte als den väterlichen Freund, ist genau so verständlich wie Nelas gelegentliche Überreaktionen. Und irgendwann orientiert sich Aimée weg vom Ersatzvater und sucht sich einen Jungen, mit dem sie ihre wilde Pubertät leben kann. Das ist entwicklungspsychologisch stimmig, stimmiger als das Bild, das die Eltern abgeben. Ein aufgeklärter Anwalt, der ausflippt, weil die Frau ihn ein Mal in einer extremen Situation betrogen hat, ist albern und taugt nicht mal recht als dramaturgischer Notnagel.
Im Großen und Ganzen aber ist „Rosannas Tochter“ ein gelungener Film, weil er sich auf sein Beziehungsdreieck einlässt, nicht alles verbal erklärt und kaum Nebenkriegsschauplätze aufmacht. Die Regie von Franziska Buch („Angsthasen“) taucht das Psychodrama in eine leicht goutierbare Form, kein Schauspieler stört und Mathilde Bundschuh mit ihrem Spiel zwischen lolita-liken Signalen und geheimnisvollem Schweigen ist eine Entdeckung.