Sieht man von den Schauplätzen und den einheimischen Komparsen ab, sind die nach Motiven von Rosamunde Pilcher entstandenen „Herzkino“-Filme im ZDF eine rein deutsche Angelegenheit. An Feiertagen aber gönnt das „Zweite“ sich und seinem treuen Publikum etwas Besonderes: In den von Tele München produzierten, breitflächig angelegten Zweiteilern wirken auch schon mal Schauspieler von einem gewissen internationalen Rang mit.
Das zentrale Motiv der melodramatischen Liebesgeschichte „Mein unbekanntes Herz“ gab es schon öfter in Literatur und Film: Eine Frau stirbt bei einem Unfall, ihr Mann gibt die Organe zur Transplantation frei, kommt aber über den Tod der Gattin nicht hinweg und macht sich auf der Suche nach der Empfängerin. Zur Romanze wird diese universelle Geschichte, weil sich Witwer Andrew (Gedeon Burkhard) nicht eben überraschend in die Frau verliebt, in deren Brust nun das gespendete Herz schlägt. Elizabeth (Carolina Vera) ist zwar verheiratet, doch ihre Ehe mit Duncan (Greg Wise) leidet schon lange darunter, dass ihr Lebensinhalt nicht die Familie, sondern das geerbte Familienunternehmen ist. Andrews Avancen geben Elizabeth neuen Lebensmut, zumal es um den während ihrer Krankheit von ihrem Bruder Richard (Julian Sands) geführten Betrieb nicht zum Besten steht: Die Apfelbrennerei stellt einen allseits geschätzten Brandy her, steckt jedoch in erheblichen Schwierigkeiten. Der vermögende Andrew wäre zwar bereit, ohne Bedingungen eine größere Summe zu investieren, aber Richard hat die Firma gezielt runtergewirtschaftet: Er will die Plantage an einen Bauunternehmer verkaufen und schreckt auch vor Brandstiftung nicht zurück.
Die großen Erfolge von Julian Sands („Leaving Las Vegas“) liegen schon eine Weile zurück, und da ihn die Rolle des Schurken nicht weiter fordert, sind Carolina Vera und Gedeon Burkhard die konkurrenzlosen Stars des Films; auch wenn in zwei anrührenden Nebenrollen James Fox (der weniger bekannte Bruder von Edward Fox) und das einstige Bond-Girl Jane Seymour ein verhindertes Liebespaar spielen. Der Schauspieler Greg Wise verströmt an Veras Seite zwar einen gewissen graumelierten Charme, aber sein bevorzugtes Ausdrucksmittel ist ein offenstehender Mund, was ihn auch in unpassenden Momenten erstaunt wirken lässt.
Weil „Mein unbekanntes Herz“ im Gegensatz zur gewöhnlichen Pilcher-Produktion für den internationalen Markt und daher auf englisch gedreht worden ist, müssen sich auch die beiden deutschen Hauptdarsteller synchronisieren; lustigerweise verfällt gerade Burkhard in das typische Synchrondeutsch mit seinen merkwürdigen Wortdoppelungen und Kunstpausen. Größeres Manko ist allerdings der Umstand, dass nicht nur die Kindersprecher am Wort „Elizabeth“ scheitern. Ansonsten gehorcht der Film den üblichen „Herzkino“-Regeln: viel Landschaft, gern aus der Luft gezeigt (Andrew, eigentlich Architekt, hat einen Flugschein), prachtvolle Landsitze, auf die Ausstattung abgestimmte Kostüme und große Gefühle. Die Geschichte hätte sich ohne weiteres auch in 90 Minuten erzählen lassen, zumal das ZDF beide Teile hintereinander zeigt. Der gerade aus deutscher Sicht wenig ergiebige Schul-Erzählstrang über die Rivalität zweier Rudermannschaften nebst Teenager-Liebesgeschichte von Elizabeths Tochter zum Beispiel ist völlig verzichtbar. Handwerklich ist „Mein unbekanntes Herz“ aber sehr sorgfältig. Gleiches gilt im Großen und Ganzen auch für die Synchronisation, sieht man davon ab, dass ausgerechnet die Brandy-Herstellerin und ein professioneller Verkoster (Ralf Bauer in einer Minirolle) im Zusammenhang mit einer Geschmacksprüfung von „Verköstigung“ (statt von Verkostung) sprechen. (Text-Stand: 19.3.2014)