Für den „Polizeiruf“-Film „1A Landeier“ gab’s 1996 einen Grimme-Preis. Seither haben die Dorf-Sheriffs aus dem Bergischen Land einen kräftigen Karrieresprung gemacht: Gabi Bauer arbeitet jetzt fürs BKA, ihr früherer Freund Sigi ist bei der Kripo in Wuppertal. Nur Kalle hockt immer noch im fiktiven Volpe; der Schürzenjäger ist in die Ehefalle getappt und hat Zwillinge. Auch die Laufbahn der Darsteller hat durch die kauzigen Geschichten, die stets vom selbem Team stammten (Drehbuch: Thomas Wesskamp und Dirk Salomon, Regie: Ulrich Stark), einen Schub bekommen. Das gilt vor allem für Andrea Sawatzki, längst eines der interessantesten deutschen Fernsehgesichter, die unter anderem für den „Tatort“ in Frankfurt ermittelt. Aber auch für Martin Lindow (Sigi), der den „Fahnder“ übernommen hat.
Sieben Filme hat das Team gedreht, nun gibt es nach mehreren Jahren Pause eine Abschiedsvorstellung. Treffender Titel: „Mein letzter Wille“. Und wieder mit von der Partie: Inge Meysel als Oma Kampnagel, die das Trio ganz schön in Trab hält. Die Geschichte ist so skurril wie eh und je: Die alte Kampnagel ist lebensmüde, holt ihren kaum jüngeren Opel aus dem Stall und braust zu einer halbfertigen Autobahnbrücke. Doch der Suizidversuch kostet nicht sie das Leben, sondern beinahe einem anderen. Der gute Mann, ein Italiener (Francesco Salvi), kommt zwar mit einem Schock davon, hat aber sein Gedächtnis verloren. Also trommelt Oma Kampnagel die ihr wohlbekannten Koryphäen der Kriminologie zusammen und macht ihnen ein Angebot, das sie nicht ablehnen können: Sie sollen dem „Nobody“ seine Vergangenheit zurückgeben. Und wenn nicht? Nun, die Dame kennt ein paar Details aus früheren Fällen, die beispielsweise Gabi Bauers neue Vorgesetzte besser nicht erfahren sollten. Prompt stechen die drei in ein Wespennest und kommen, auch das ist gute Tradition, wieder mal dem BKA in die Quere. Es geht um das Schutzprogramm für eine italienische Zeugin (Charlotte Schwab) gegen das organisierte Verbrechen. Ihr Landsmann ohne Gedächtnis verliebt sich in die Dame, was Kalle & Sigi bald bestürzt: Die Mafia hat einen Killer geschickt, Il Lupino; und es sieht so aus, als sei dieser kein anderer als Oma Kampnagels Lebensretter.
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Eigentlich eine gradlinige Geschichte also, die jedoch durch viele amüsante Details immer aufgelockert wird. Außerdem lebt „Mein letzter Wille“ von der spürbaren Absicht aller Beteiligten, dem Trio aus dem Bergischen Land ein filmisches Denkmal zu setzen. Zwangsläufig grenzt der Krimi daher mitunter an eine Persiflage. Das gilt nicht zuletzt für die Auftritte Inge Meysels, die hier eine ihrer letzten Rollen spielen dürfte; sie wird einen Tag vor Ausstrahlung des „Polizeirufs“ 94 Jahre alt. Doch die parodistischen Elemente waren auch vor neun Jahren, als Meysel den ersten Fall für die „Landeier“ ins Rollen brachte, typisch für das Muster dieser Filme; die kabarettistischen Kleinodien gehören einfach dazu. Dafür wird’s zum Finale dann aber noch einmal richtig spannend. (Text-Stand: 31.5.2004)