Polizeiruf 110 – Dunkler Sommer

Uwe Steimle, Felix Eitner, Horváth, Handloegten. Hitzig-kühler Krimi aus Schwerin

Foto: NDR
Foto Tilmann P. Gangloff

Im „Polizeiruf 110 – Dunkler Sommer“ aus Rostock ist einiges aus der Bahn gesprungen. Regisseur Hendrik Handloegten macht seinem Ruf als „auteur“, auch wenn er mal „nur“ Regie führt, alle Ehre. Der Film scheint dadurch streckenweise kaum von der Stelle zu kommen. Auch das aber hat Methode: brütende Hitze liegt über Meck-Pomm; dafür ist die Stimmung zwischen Tellheim (Eitner) und Hinrichs (Steimle) umso frostiger. Doch dann nimmt das großartig besetzte, angenehm ruhig inszenierte dreifache Familiendrama seinen Lauf…

Schon die Wahl der (Kamera-)Perspektiven verdeutlicht: In diesem Sonntagskrimi ist Einiges aus der Bahn gesprungen. Das muss auch so sein, denn „Dunkler Sommer“ ist ein Film von Hendrik Handloegten, der vor einigen Jahren mit der faszinierenden Beatles-Verschwörungsgeschichte „Paul is Dead“ als Regisseur debütierte und dafür gleich einen Grimme-Preis erhalten hat. Das Drehbuch zu diesem dreifachen Familiendrama stammt zwar von Ulli Stephan, doch Handloegten hat schon mit einem herausragenden „Tatort“ aus Köln („Pechmarie“) gezeigt, wie man etablierte Krimi-Charaktere zu neuen Grenzen führt.

Deshalb stört es auch nicht, dass dieser „Polizeiruf 110“ kaum Krimi ist. Wichtiger als die Suche nach dem Mörder sind die ausnahmslos gestörten zwischenmenschlichen Beziehungen. Handloegten konzentriert sich daher vor allem auf die Entwicklung der Figuren. Unterstützt von einer sparsamen, akzentuiert eingesetzten Musik (Dieter Schleip) und einer ruhigen Bildgestaltung (Peter Przybylski) gewährt er den Figuren deutlich mehr Raum als der Handlung. Der Film scheint dadurch streckenweise kaum von der Stelle zu kommen. Auch das aber hat Methode: „Dunkler Sommer“ spielt in brütender Hitze; gerade der kühle Kommissar Tellheim (Eitner), der mit diesem Film endgültig iwischen n Schwerin sesshaft wird, trägt stetig wachsende Schweißflecken mit sich herum. Um so kontrastreicher ist die frostige Stimmung zwischen den Ermittlern. Dabei ist Hinrichs (Steimle) schon gestraft genug: Seine Frau hat ihn verlassen; die Leerstelle am Küchentisch füllt nun sein Vater.

Polizeiruf 110 – Dunkler SommerFoto: NDR
Auch TV-Spielfilm ist voll des Lobes: „Selten verlangte ein Fall den Ermittlern so viel Fingerspitzengefühl ab.“ Das Fazit lautete: „Starke Bilder und kein Wort zu viel.“ Sarah Horváth und Connor Mills

Im Vordergrund steht allerdings ein anderer familiärer Konflikt: Nach verbüßter Haft sucht ein gewalttätiger Gatte sein früheres Heim heim. Das hätte er lassen sollen, denn kurz drauf ist er mausetot. Zu sehen ist das allerdings nicht. Der bettlägerige Schwiegervater geht zur Tür, man hört einen Schuss – und dann wird der Tote auch schon von den Kindern beerdigt. Die Kommissare tappen komplett im Dunkeln und landen daher prompt auf völlig falscher Fährte. Erst nach und nach schält sich das Drama heraus, eine alte Liebe kommt ins Spiel, und eine weitere Familie entpuppt sich als zerrüttet; nur gut, dass die beiden Ermittler am Ende mit salomonischer Weisheit für einen Hoffnungsschimmer in diesem dunklen Sommer sorgen.

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Reihe

NDR

Mit Uwe Steimle, Felix Eitner, Sarah Horváth, Ingeborg Westphal, Maja Schöne, Julius Terhedebrügge, Hermann Beyer

Kamera: Peter Przybylski

Szenenbild: Susanne Hopf

Schnitt: Silke Botsch

Musik: Dieter Schleip

Produktionsfirma: AllMedia Pictures

Drehbuch: Ulli Stephan

Regie: Hendrik Handloegten

EA: 14.01.2007 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach