Der Aufschwung Ost lässt auf sich warten in der kleinen brandenburgischen Ortschaft Wustermark. Der Ort ist fiktiv, die Probleme nicht. Der Zeitgeist mit seinen politischen Reizwörtern weht auch in die ostdeutsche Provinz. Der Traum von der „Ich-AG“ macht unter den Wustermarkern die Runde. „Die erste Million ist die schwerste“, witzelt die Spediteurin Charlotte Pelzer und liegt wenig später tot auf dem Firmengelände. Unbedarften Fernfahrern hat sie regelmäßig deren Erspartes abgeknöpft. Die Konditionen waren erschreckend: keine Gewinnbeteiligung, nur Übernahme aller anfallenden Kosten.
Ein klares Mordmotiv. Der Mörder wollte offenbar, nachdem er das Kleingedruckte gelesen hatte, den Vertrag rückgängig machen. Und dann ist es passiert. Unter Mordverdacht steht Dettmann. Der, nicht gerade ein heller Kopf, hat erst tags zuvor der geschäftstüchtigen Speditionsinhaberin 25.000 Euro auf den Tisch gelegt. Aber auch dessen Frau Sabine, die von den Geschäften ihres Mannes nichts weiß und statt dessen von Eigenheim und Schrankwand träumt, hätte allen Grund gehabt, dieser Krisengewinnlerin etwas anzutun.
„Dettmanns weite Welt“ ist der dritte „Polizeiruf 110“, der in und um Wustermark spielt und auf vertrautes Personal baut. 1994 traten Streckenläufer Lansky und Kollege Dettmann zum ersten Mal in Aktion. Mafia-Millionen flogen den von Otto Sander und Ben Becker gespielten Eigenbrötlern zu, doch sie brachten ihnen längerfristig kein Glück. „Totes Gleis“ war ein glänzendes Beispiel für eine Krimikomödie im ländlichen Milieu und im Sozialen präzise verortet. Prompt gab es den Grimme-Preis. Vier Jahre später bekam es die Potsdamer Kommissarin Voigt (Katrin Sass) noch einmal mit den Wustermarkern zu tun. Wieder ging es um Millionen. Dieses Mal stammte das Geld von den Bewohnern, die investieren wollten. Dank Lansky und Dettmann kriegen sie ihre Ersparnisse zwar zurück, doch mit dem Traum vom schnellen Kapitalzugewinn war es wieder nichts. Und auch dieses Mal wird es nichts mit dem großen Geld und den Trucker-Träumen von der weiten Welt. Gerade mal bis Polen kommen die Helden von der traurigen Gestalt. Dafür rettet Dettmanns Frau die 25.000 Euro.
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Es war überfällig, dass der „Polizeiruf“ aus Brandenburg, der sich zuletzt in konventionellen Krimifällen verstrickte, wieder zu seinen schrägeren Anfängen zurückkehren würde. Da war es durchaus richtig, sich an einst Bewährtes zu erinnern. Und so holte der RBB für seine Traditionsreihe mal wieder Bernd Böhlich ins Boot. Nachdem sich der Hoffnungsträger des ostdeutschen Films zuletzt mehr und mehr dem Trivialen zugewandt hatte, muss es dem Autor-Regisseur mal wieder Freude gemacht haben, Geschichten mit Charakteren und Mentalitäten seiner Heimat zu erzählen. Dass dabei der Krimi-Aspekt irgendwo in der brandenburgischen Pampa verloren geht – darüber sollte man schmunzelnd hinwegsehen.