Nord Nord Mord – Clüvers Geheimnis

Atzorn, Brendler, Wnuk, Cantz/Hinter, Saul. Komödiantisch – und doch immer Krimi!

Foto: ZDF / Marion von der Mehden
Foto Tilmann P. Gangloff

Der dritte Film der ZDF-Reihe „Nord Nord Mord“ entpuppt sich als derart familienfreundlich, dass er eigentlich auf den Krimitermin am Samstag gehört hätte. Gerade die charmanten Einlagen von Oliver K. Wnuk sorgen dafür, dass „Clüvers Geheimnis“ komödiantische Züge trägt. Doch den Autoren Stefan Cantz und Jan Hinter, den Schöpfern des „Tatort“ aus Münster, gelingt es hier fast besser als in ihrem Erfolgsformat, den Krimi spannend zu belassen. Außerdem besticht der Film durch einen Top-Cast und seine luftige Kamera.

Der Filmbeginn, als ein Hund statt des geworfenen Stocks einen ausgewachsenen Arm anschleppt, erinnert an den Kurosawa-Klassiker „Yojimbo“, und auch sonst hat das Drehbuch das eine oder andere Augenzwinkern zu bieten. Kein Wunder: Seit ihrer „Erfindung“ des „Tatort“ aus Münster gelten Stefan Cantz und Jan Hinter als Meister des komödiantischen Krimis. Das erklärt womöglich auch den Titel, „Clüvers Geheimnis“, der ein bisschen mehr verspricht, als die entsprechende Handlungsebene hält: Das Geheimnis des Hauptkommissars (Robert Atzorn) ist denkbar harmlos, sorgt aber für eine nette Schlusspointe.

Heimliche Hauptfigur dieses äußerst familientauglichen dritten Films aus der ZDF-Reihe „Nord Nord Mord“ ist ohnehin nicht der Titeldarsteller, sondern seine rechte Hand, Hinnerk Feldmann: Oliver K. Wnuk bestreitet die Comedy-Ebene im Alleingang, macht das aber wie in den beiden bisherigen Episoden charmant und unaufdringlich, so dass seine kleinen Einlagen weder die Krimihandlung stören noch den Partnern vor der Kamera die Schau stehlen. Dank Wnuks großem Talent ist selbst ein hartnäckiger Schluckauf Feldmanns nicht klamottig, sondern ein schauspielerisches Kleinod. Abgesehen davon passen diese Momente wunderbar zu der Figur, die sich Thomas O. Walendy, Autor der ersten beiden Drehbücher, ausgedacht hat: Feldmann ist zwar ein Streber und Klugscheißer, vermittelt aber auch eine sympathische Unsicherheit, und weil Kollegin Ina (Julia Brendler) vorübergehend seine Untermieterin wird, bekommt die Figur zusätzliche Tiefe. Die Tatsache, dass Feldmann Orks sammelt und die Spielfiguren nach ihrer Gefährlichkeit sortiert hat, ist auch so ein augenzwinkerndes Detail.

Nord Nord Mord – Clüvers GeheimnisFoto: ZDF / Marion von der Mehden
Sympathisches Duo: Julia Brendler, pfiffig, tough & schön, und Oliver K. Wnuk, der Mann fürs Komische

Die Qualität der Umsetzung durch Anno Saul, der auch schon den zweiten „Nord Nord Mord“-Film („Clüver und die fremde Frau“) inszeniert hat, zeigt sich unter anderem in der richtigen Gewichtung: Die kleinen Zwischenmenschlichkeiten des Trios überlagern nie die Krimiebene. Beim „Tatort“ aus Münster gelingt das ja nicht immer, weil die Frotzeleien der beiden Hauptfiguren oft stärker sind als der eigentliche Handlungsanlass. Hier aber sorgt schon allein die kunstvolle Verrätselung dafür, dass man gemeinsam mit den Ermittlern lange im Dunkeln tappt; auch wenn Figuren, die von prominenten Gastdarstellern verkörpert werden, selbstredend immer auch potenzielle Täter sind. Der Arm, den der Hund ausgerechnet an einem Strandabschnitt namens Ellenbogen findet, gehört zu einem nunmehr toten Mann, der möglicherweise vor zehn Jahren am Überfall auf einen Juwelier beteiligt war; die 1,5 Millionen Euro schwere Beute ist nie wieder aufgetaucht.

Cantz und Hinter erzählen die um diverse Nebenfiguren ergänzte Geschichte allerdings ungleich verzwickter, und auch darin liegt selbstredend ein Reiz des Films. Darüber hinaus zeichnet sich „Clüvers Geheimnis“ durch eine interessante Kameraarbeit (Moritz Anton) aus. Immer wieder ist das Geschehen aus luftiger Höhe zu sehen, doch die stets Unheil verkündende Musik (Fabian Römer) verhindert gerade bei den Küstenbildern jede Verwechslungsgefahr mit den zumindest in dieser Hinsicht ganz ähnlich gestalteten Sonntagsfilmen des ZDF. Und dann sind da ja noch jene Szenen, denen der Film seine typische Atmosphäre verdankt, wenn beispielsweise Waldemar Kobus als uniformierter Polizist seelenruhig sein Fischbrötchen mümmelt, nachdem er seinen Streifenwagen zur Straßensperre umfunktioniert hat, und den entflohenen Verbrecher dann mit vollem Mund zur Rede stellt. Für den Schlussgag schließlich hat sich Regisseur Anno Saul den Luxus geleistet, gestandene Schauspielerinnen wie Marie Leuenberger und Henny Reents zu engagieren, damit sich Robert Atzorn mit ihnen schmücken kann. (Text-Stand: 10.2.2015)

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Reihe

ZDF

Mit Robert Atzorn, Julia Brendler, Oliver K. Wnuk, Josefine Preuß, Ernst Stötzner, Oliver Bröcker, Robert Klawon, David Rott, André Szymanski, Waldemar Kobus, Lutz Blochberger, Marie Leuenberger, Henny Reents

Kamera: Moritz Anton

Szenenbild: Thorsten Lau

Schnitt: Dirk Grau

Musik: Fabian Römer

Soundtrack: Dean Martin („Sway“)

Produktionsfirma: Network Movie

Drehbuch: Stefan Cantz, Jan Hinter

Regie: Anno Saul

Quote: 7,23 Mio. Zuschauer (22% MA)

EA: 09.03.2015 20:15 Uhr | ZDF

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