Marina ist Versicherungsmathematikerin, tätig nur im Innendienst. Das hat gute Gründe. Sie liebt Zahlen und scheut – um nicht zu sagen verabscheut – Menschen. „Menschen sind oft eine Störung der Ordnung“, behauptet sie. Zahlen und sich aus Verhaltensabfolgen ergebende Muster sind ihre Spezialität, um Versicherungsbetrugsfälle und andere kapitale Verbrechen aufzudecken. Doch jetzt hat ihr der neue Chef Außendienst verordnet. Ein stadtbekannter Unternehmer muss überführt werden, sonst ist die Versicherung um zwei Millionen Euro ärmer. Seine Frau soll entführt worden sein. Zwei Millionen Euro Lösegeld habe er angeblich bezahlt, Schwarzgeld vermutet die Polizei, doch aufgetaucht ist die Frau bis heute nicht – dafür ihr Blut. Dem Ehemann kann nichts nachgewiesen werden, nicht einmal der Mord an seiner Haushälterin. Die Polizei sind die Hände gebunden. Die Versicherung hat andere Möglichkeiten. Wenn der mutmaßliche Gattenmörder die Versicherungssumme kassieren will, muss er sich von der zwanghaft akribischen Marina in die Karten gucken lassen.
Mit einer wie Marina allein wäre für eine Kriminalkomödie wenig Staat zu machen. Sie braucht Kontrastfiguren, an denen sich ihr liebenswert skurriler Autismus reiben kann, aber sie benötigt auch – will sie glaubwürdig bleiben – „Helfer“, um erfolgreich zu sein. In dem ZDF-Fernsehfilm „Mord nach Zahlen“ sind es Helferinnen, die der menschenscheuen Heldin unter die Arme greifen: da ist die etwas prollige Hausmeisterin und Kneipenwirtin Olga und da ist die diplomatisch zurückhaltende Beatrice, Ex-Assistentin des mutmaßlichen Mörders. Mit der sehr speziellen weiblichen Kombination aus zupackendem Elan, lebenskluger Schönheit und mathematischer Intelligenz sind die drei nicht zu schlagen. Und hat man sich erst als Zuschauer an die vielleicht einen Tick zu überzogenen Charaktere gewöhnt, ist das Trio in seiner Außenwirkung zumindest eine hübsch schräge Nummer. Krimitechnisch darf man bei diesem Schmunzelstück nicht alles auf die dramaturgische Goldwaage legen. Dafür hat Thorsten Näter die abwechslungsreichen Handlungsorte spannungstechnisch nach Attraktionsgrat gesteigert: vom Datenklau im Glaspalast geht es zur Edelparty mit Action-Einlage und weiter in Schreckenskammern und Verliese mit Edgar-Wallace-Touch. Gelungen ist auch die Semantik des Szenenbilds: So korrespondiert beispielsweise das formenbetonte Sixties-Design in der Wohnung des Mathe-Freaks mit ihrem Faible für Zahlen und Struktur.
„Mord nach Zahlen“ ist eine flotte Krimischnurre einzig mit dem Anspruch, mit kernigen Kontrasten, Tempo, Typenwitz und kleinen Überraschungseinlagen zu punkten und den Zuschauer unbeschwert zu unterhalten. Dagmar Manzel, Alwara Höfels und Felicitas Woll machen ihre Sache prima. Sie behalten die leichte Schräglage ihrer Figuren bei und nähern sich zugleich – fast unmerklich – immer mehr an, sodass einem Wohlfühlende mit der deutlichen Option auf mehr Mord(en) nach Zahlen nichts im Wege steht.