Lotta (Josefine Preuß) hat das Physikum in der Tasche, aber mit der Famulatur wird erst mal nichts. Dafür heuert der überraschend aus Indien heimgekehrte David (Golo Euler) bei ihrem Wunschprofessor in der Uni-Klinik an; schließlich ist seine Mutter (Fanny Stavjanik) die Dekanin. So hat Lotta mal wieder etwas mehr Zeit für ihr Töchterchen Lilo. Aber Lotta wäre nicht Lotta, wenn sie nicht bald ein neues Projekt am Laufen hätte. Und so überfällt sie David mit der Spontanidee eines Probewohnens zu dritt – und ein Domizil hat sie auch schon gefunden: ein gediegenes Einfamilienhaus in einem spießigen Hallenser Neubauviertel. Für drei Wochen hat sie dort die Hausbetreuung mit Fisch übernommen – Mitwohnen inklusive. Doch dann lernt sie den liebenswerten Lebenskünstler Paul Ostern kennen (Branko Samarovski) und die „Beziehungsarbeit“ tritt erst einmal wieder in den Hintergrund. Denn der hat Hautkrebs, aber keine Krankenversicherung. Für Lotta ist das genau die richtige Herausforderung.
Foto: ZDF / Marco Uggiano
Von der Fernbeziehung rein in den ganz banalen Beziehungsalltag. Wer die Hauptfigur der losen ZDF-Reihe kennt, ahnt, dass das nicht gut gehen kann. Diese Lotta mit ihrer Aversion gegen Ungerechtigkeit, ihrem Bauch-Aktionismus und ihrem Dickschädel ist viel zu aktiv und beweglich, um sich – selbst nur vorübergehend – als Nur-Mutter einzurichten. Außerdem scheinen ihre Lebensthemen nicht die ihres Partners zu sein. In „Lotta & das ewige Warum“, dem vierten Kapitel dieses komödiantisch angehauchten Entwicklungs-TV-Romans nach Motiven von Annegret Held, gelingt es dem Drehbuchautor Sebastian Orlac einmal mehr, den Plot ganz aus dem Wesen seiner Hauptfigur zu entwickeln. Lotta ist quirlig, spontan und fix im Kopf, entsprechend sprunghaft kommt die Geschichte daher. So ist das Leben, so ist der Alltag – ruft einem die lockere Dramaturgie gutgelaunt entgegen. Dazu scheint die Sonne in Halle und alles ist so schön bunt dort – bis der Krebs ins Spiel kommt. Aber auch der wird mit verhältnismäßig leichter Hand zu einem guten Ende geführt. Das passt zu der Geschichte vom alten Mann, der für seine Unabhängigkeit kämpft. Und der selbstredend nicht sterben darf in einer Episode, in der sich die Heldin am gegenteiligen Beziehungsmodell versucht (außerdem war der Tod schon sehr nachhaltig Thema in den ersten beiden Episoden).
Obwohl der männliche Hauptdarsteller wechselte, statt Hanno Koffler spielt nun Golo Euler („Kasimir & Karoline“) den Liebsten der Titelheldin, ist „Lotta & das ewige Warum“ eine stimmige Fortsetzung der ZDF-Reihe um das „Erwachsenwerden“ einer jungen Frau. Familie ist zum Abgrenzen da; das eigene Kind (sehr natürlich und alltagsnah geführt: Cloé Heinrich) zeigt Lotta die Widersprüche auf, die sich einer jungen Mutter stellen; und das Probewohnen ist ein Indikator dafür, dass es mit Mitte 20 durchaus noch Alternativen zum zweisamen Beziehungsalltag geben kann – besonders für eine Frau, die sich die letzten Jahre immer schon auf sich selbst verlassen musste (ihre Rest-Familie tickt ja völlig anders als Lotta und war ihr selten eine Hilfe). Das alles macht diese Reihe auch als Versuch eines Generationenporträts von Grund auf sympathisch. Josefine Preuß, die sich mehr und mehr auch im Komödienfach vom übermäßigen „Türkisch-für-Anfänger“-Grimassenspiel verabschiedet hat, war von Anfang an ein Glücksfall für diese ZDF-Dramedy-Reihe, die ähnlich vorbildlich ist wie die „Bella“-Filme mit Andrea Sawatzki. Alltag, komprimiert in amüsanten, episodisch erzählten Geschichten, seriell und unter dem Entwicklungsaspekt konzipiert, die sich weniger nach Genre-Erwartungen als vielmehr nach dem „Eigensinn“ der Heldin richtet (was viel mehr für ein Wohlgefühl beim Zuschauer zu sorgen in der Lage ist als ein hin gedrechseltes Happy End) – so etwas dürfte es öfters geben im deutschen Fernsehen.